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Warum The Grudge ein großes Problem ist!

Mit The Grudge (2020) wurde wieder einmal ein Horrorfilm neu aufgelegt und neu interpretiert. Die neuste Version des japanischen Originals aus dem Jahre 2000 ist dabei nicht nur ein schlechter (Horror)film, sondern zeigt derart plakativ auf, was an der aktuellen Horrorfilmwelt nicht stimmt, dass es fast weh tut. Wir haben uns The Grudge zum Anlass genommen, um einen Blick zurück zu werfen. Wo begann der Absturz des Genres und was ist überhaupt so schlimm an Filmen wie The Grudge, Conjuring, The Nun und Co.?

Nosferatu, Hitchcock und Co.

Werfen wir zunächst einen Blick in die Vergangenheit, auf die Anfänge des Horrorgenres. Schon 1910, als das Kino noch in den Kinderschuhen steckte, erschien mit der Stummfilmversion von Frankenstein der wohl erste Horrorfilm überhaupt. 1922 folge dann Nosferatu, der bis heute ein absoluter Klassiker ist und sicherlich zu den Filmen gehört, die man als Kinofan gesehen haben sollte. Streifen wie das Phantom der Oper, Dracula und Frankensteins Braut sollten das Genre nach 1922 immer weiter nach vorne treiben. Die Streifen waren damals echte Gassenhauer, obwohl sie aus heutiger Sicht natürlich mehr als lachhaft erscheinen und alles sind, aber nicht wirklich gruselig. Springen wir weiter in die Zukunft, genauer gesagt in die 60er-Jahre und zum Meister Alfred Hitchcock. Psycho (1960) und Die Vögel (1963) sind auch heute immer noch absolut sehenswert und gruselig. Warum? Beide Filme bauen eine unfassbar dichte Atmosphäre auf, die den Zahn der Zeit überlebt hat.

1968 brachte Regisseur George A. Romero dann einen Film in die Kinos, der Zombies auf die große Leinwand brachte: Die Nacht der lebenden Toten. Später, in den 70er-Jahren, sollte dann mit Dawn of the Dead ein Film folgen, der lange in Deutschland als Sinnbild für brutalen Horror galt. Mit Nacht der lebenden Toten oder Herschell Gordon Lewis’ Blood Feast machte sich in den 60ern aber auch ein Trend breit, der vor allem Jugendschützern ein Dorn im Auge gewesen sein dürfte: Die Horrorfilme wurden immer blutiger und vor allem expliziter in ihrer Gewaltdarstellung. Dawn of the Dead ist mit Sicherheit kein gruseliger Film im Hitchcock-Sinne, sondern schockt vielmehr mit seinen brutalen Bildern. Wir halten also für später fest: Horrorfilme verließen sich schon in der Vergangenheit auf zwei Faktoren: Horror durch Atmosphäre und Schocker durch explizite Gewaltszenen.

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Die glorreichen 70er und 80er

Für Horrorfans dürften die 70er wohl bis heute als goldenes Jahrzehnt gelten. Filme wie Der weiße Hai, Der Exorzist oder Rosemaries Baby sind nicht nur Klassiker des Genres, sondern auch über die Grenzen hinweg absolute Kultfilme. Doch ein Trend wurde in den 70ern gelegt, der vor allem das folgende Jahrzehnt beherrschen sollte: Mit Texas Chainsaw Massacre legte Tobe Hopper 1974 den Grundstein für zahlreiche Slasher-Reihen, in denen ikonische Killer Jagd auf ihre Opfer machten. Egal ob Nightmare on Elmstreet, Freitag der 13. oder Halloween – all diese Reihen haben eins gemeinsam: Sie umfassen teils albern viele Teile und besitzen jeweils einen mehr als ikonischen Killer! Halloween erlebte erst 2018 seine Wiedergeburt und soll noch 2020 fortgesetzt werden.

Weitere Klassiker, die in den 80er-Jahren entstanden, sind Chucky, Poltergeist oder Hellraiser. Insgesamt zeigten die 80er dem Genre allerdings auch Grenzen auf. Filme wie Cannibal Holocaust oder Tanz der Teufel sind oder waren lange in Deutschland verboten und geizten nicht mit äußerst brutalen Szenen. Gerade erstgenannter Film weiß auch heute noch zu schockieren – nichts für schwache Nerven und Mägen! Aus nostalgischer Sicht sind die 80er wohl eine Goldgrube für kultige und skurrile Horrorstreifen.

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Es wird psychopatisch

Der Slasher-Kult ebbt in den 90ern langsam ab. Die Scream-Filme hauchen dem Genre noch einmal Leben ein, doch acht, neun oder gar zehn Teile in einer Serie – das hat man bis heute im Horrorgenre nicht mehr gesehen. Dafür werden die 90er etwas geerdeter: Filme wie das Schweigen der Lämmer oder Sieben setzen nicht mehr auf übernatürliche Mörder, sondern machen den Horror realistischer, greifbarer – Atmosphäre wird wieder zum Haupttransportmittel für den Grusel. Nachdem Freddy, Jason und Co. ein Jahrzehnt das Horrorkino niedergemetzelt hatten, kommt die Rückbesinnung auf eine düstere Atmosphäre gerade richtig daher. Gerade die Nightmare on Elmstreet-Filme waren zuletzt fast schon Komödien gewesen.

Ein neues Jahrtausend – aber alte Ideen

Die Jahre 2000 bis 2010 hatten dann vor allem einen Trend: Remakes und Fortsetzungen. Texas Chainsaw Massacre, The Hills have Eyes oder Dawn of the Dead – all diese Streifen gab es bereits zuvor. Und noch eine Entwicklung der Vorjahre wurde weitergesponnen: Mit Filmen wie Hostel oder Saw wurde die Gewaltschraube noch einmal derart heftig nach oben geschraubt, dass plötzlich eine ganze Welle an Torture-Porn-Streifen aus den dunkelsten Ecken in den Mainstream schwappte.

Ein kurzer Blick zurück ins Jahr ’99: Ein damals schockierender Film namens Blairwitch Project löste damals eine regelrechte Hysterie rund um Found Footage-Filme aus, also Filme, die vermeintlich echt wirkten, da sie offenbar nur mit einer einfachen Handkamera gefilmt wurden und daher besonders real wirkten. 2009 erschien mit Paranormal Activity dann ein Streifen, der auf ein ähnliches Prinzip baute und eine ganze Schwemme an ähnlichen Filmen auslöste. Etliche Fortsetzungen und immer gleich wirkende Trittbrettfahrer waren die Folge des Erfolgs. Böses Zungen würden behaupten, dass der Hype rund um PA den Anfang vom Ende bildete…

Auch in den 2010ern waren Remakes das Maß aller Dinge. Der erste Teil der Neuauflage von Es gilt laut Forbes-Magazin als erfolgreichster Horrorfilm aller Zeiten (inflationsbereinigt ist es übrigens Der weiße Hai). Doch vor allem ein anderer Trend hängt seit einigen Jahren über dem Horrorfilmgenre und damit sind wir endlich dort angekommen, wo wir hinwollen: Jump-Scares und Ideenlosigkeit.

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Wer trägt die Schuld?

Ich stelle eine gewagte These auf: 95 Prozent der heute erscheinenden Horrorfilme im Kino folgen dem gleichen Muster. Wer Schuld daran hat, ist sicherlich nicht einfach festzustellen. Die Antwort wird irgendwo zwischen dem Blairwitch Project, Paranormal Activity und dem Hype rund um Conjuring und Insidious liegen. Gerade PA und die Conjuring-Reihe geizten in der Vergangenheit nicht damit, ihren Horror durch billigste Jump-Scares zu erzeugen. Im Prinzip laufen die meisten Schockmomente nach dem gleichen Schema ab: Der Protagonist läuft durch ein dunkles Gebiet, die Kamera ist dicht hinter ihm. Spätestens wenn dann die Soundkulisse ganz leise wird und schließlich völlig verstummt, wissen wir, was gleich passiert: Mit einem tosenden Lärm wird uns irgendetwas, vorzugsweise eine scheußliche Visage, ins Gesicht springen. Dass derart erzeugte Schockmomente funktionieren, ist klar. Man könnte auch eine sonnige Blumenwiese abfilmen und plötzlich mit lautem Kreischen ein Plüscheinhorn in die Kamera pfeffern – natürlich erschreckt man sich in diesem Moment. Filme wie Conjuring, The Nun oder Annabelle hangeln sich von Jump-Scare zu Jump-Scare und versuchen es gar nicht mehr, eine dichte Horroratmosphäre zu schaffen.

Die Monster/Erschrecker werden dabei auch optisch immer grotesker, um möglichst eindrucksvoll ins Zuschauergesicht springen zu können. Ein Michael Myers aus Halloween sah nie wirklich monströs oder ekelhaft aus – dennoch ist Halloween bis heute unbestritten gruselig, wenn man sich auf die Atmosphäre einlässt. Natürlich kann man jetzt sagen, dass Horrorfilme aus den 80ern oder 90ern auch mit billigen Jump-Scares arbeiteten. Klar, das stimmt in gewisser Weise, doch der Horror bestand nicht ausschließlich aus diesen Effekten, sondern nur ein geringer Teil. Dadurch wirkten die Anspringer lange nicht so billig wie heute.

Warum ist das so?

Doch warum sind Horrorfilme, die derart billig erschrecken, so erfolgreich? Unserer Meinung nach hat das mehrere Gründe: Laut der Filmförderungsanstalt haben sich die Kinoticketpreise in den vergangenen zehn Jahren dramatisch erhöht, oder anders gesagt: Die Menschen müssen sich heute eher überlegen, wofür sie ihr Kinogeld ausgeben. 10 Euro (und mehr) für einen Film, von dem ich nicht weiß, wie er wird oder 10 Euro für die sichere Horrorbank, bei der ich das bekomme, was ich erwarte. Die Meisten würden sich hier wohl für Option B entscheiden, denn wer kauft schon gerne die Katze im Sack? Ein anderer Grund für die Mainstreamisierung des Horrorkinos könnte die Schnelllebigkeit der heutigen Zeit sein. Ich will mich nicht mehr mit einem Film ewig auseinandersetzen. Horrorstreifen wie Wir oder Get Out wirken nicht nur im Kino, sondern entfalten ihr wahres Grauen erst im Nachgang, beim erneuten Reflektieren über den Film. Viele Zuschauer haben für so etwas aber entweder keine Muße oder schlicht keine Zeit. Ein einfacher Schock muss nicht zerdacht werden. Er klappt, ich erschrecke mich und zack geht’s weiter.

The Grudge (2020) ist im Prinzip Conjuring

Kommen wir nun endlich zum Aufhänger dieses Textes: The Grudge (2020). Die Macher des Filmes stützen sich nämlich derart heftig auf die bekannte Conjuring-Jump-Scare-Formel, dass es dem finalen Produkt regelrecht schadet. In nahezu jeder gruseligen Szene kann man abzählen, wann der Schockmoment in die Kamera springt. Der Film bemüht sich nicht einmal eine Atmosphäre aufzubauen. ALLE Erschrecker in The Grudge bestehen aus Jump-Scares oder aus besonders brutalen Szenen. So hat der Film überhaupt keine eigene Identität, kein Alleinstellungsmerkmal. Es ist im Prinzip völlig egal, ob der Grusel von einem kleinen, schwarzhaarigen Mädchen ausgeht, von einem Zombie oder eben von einem Plüscheinhorn. The Grudge macht sich an keiner Stelle die Mühe, seinen Antagonisten überhaupt vorzustellen. Kennt man das japanische Original nicht, wüsste man vermutlich bis zum mäßigen Finale nicht, wer überhaupt der Gegenspieler ist, geschweige denn, wie er oder sie aussieht. Hinzu kommt noch, dass sich der Streifen in völlig wirren Zeitsprüngen verliert, dass man als Zuschauer irgendwann gar nicht mehr weiß, was in welcher Reihenfolge passiert.

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Das Fazit (Endlich)

Alles in allem ist The Grudge ein Vorzeigebeispiel dafür, was aktuell in der Horrorszene falsch läuft. Natürlich gibt es immer wieder Ausnahmen wie Wir, Get Out, It Follows oder Doctor Sleeps Erwachen. Die laufen dann jedoch meist unter dem Radar und werden im Mainstream kaum wahrgenommen. Doch wie können wir uns dem widersetzen? Wie können wir als Zuschauer den Machern zeigen, dass Jump-Scares nicht wichtiger als eine gute Atmosphäre sind? Die Antwort ist einfach: Am Ende spricht der Geldbeutel. Kleine Filme müssen im Kino ihre Supporter finden, große Filme wie der x-te Conjuring-Aufguss müssen an den Kassen abgestraft werden. Dass das kaum klappen wird, ist klar. Doch man darf noch träumen und bis es soweit ist und das Genre wirklich wieder Horror versprüht, gucken wir weiterhin Geheimtipps wie Die Autopsie der Jane Doe, Hereditary oder So finster die Nacht.

Lukas Hesselmann
Redakteur im Bereich: Movies

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