The Last Guardian, Team ICO’s Langzeitprojekt, ist endlich da. Wer hätte es gedacht. Auf der E3 2009 wurde der Titel erstmals enthüllt und zu diesem Zeitpunkt befand sich das Projekt schon zwei Jahre in der Entwicklung. Nach einigen internen Problemen und dem nahenden Release der PS4 machte das Projekt dann aber den Sprung von der PS3 auf die PS4. Nach einigen Verzögerungen können wir nun endlich doch noch das Werk von Fumito Ueda erleben. Wie der Titel im Test abgeschnitten hat und ob die lange Zeit ihr Spuren hinterlassen hat, erfahrt ihr jetzt.
Wenn Legenden lebendig werden
Ohne große Einführung wirft euch das Spiel direkt in das Geschehen. In der Dunkelheit eines Gemäuers erwacht ihr. Kaum auf den Beinen entdeckt ihr die gefiederte Gesellschaft. Trico, das riesige Mischwesen, liegt angekettet und verwundet vor euch. Nach einer kleinen Annäherung ist es jetzt das Ziel diesem Ort zu entkommen und keiner von den beiden kann das ohne die Hilfe des anderen schaffen. So bildet sich eine Band zwischen dem Jungen und dem seltsamen Wesen. Unzertrennbar muss man die Fähigkeiten der beiden ausnutzen, um voranzukommen und das Rätsel zu lösen, warum ihr hier seid und wo hier überhaupt ist. Es dauert dabei aber nicht lange, bis klar wird, dass das ungleiche Duo nicht allein ist. Seltsame Wesen stellen sich euch immer wieder in den Weg und eine unerklärliche Macht scheint immer wieder Einfluss auf Trico zu nehmen. Was dahintersteckt will ich hier natürlich nicht spoilern, nur so viel, diese Story fügt sich nahtlos in die früheren Arbeiten des Teams ein. Trico wächst einem dabei sehr schnell ans Herz. Allerdings sollten alle, die mit den Vorgängern nichts anfangen konnten, hier auch nichts anderes erwarten.

Die Areale sehen stilistisch hübsch aus, spiegeln aber nicht die aktuelle Konsolengeneration wieder.
Die Spuren der letzten Jahre
Wie bereits gesagt, ist auch The Last Guardian ein typischer Titel für das Entwicklerteam. Im direkten Vergleich fühlt sich das aktuelle Spiel sehr wie das originale ICO an. Während ihr damals aber die junge Jorda durch die Anlage führen. Dabei galt es immer das Mädchen im Auge zu behalten für den Fall, dass die Schattenwesen auftauchten, um Jorda zu verschleppen. Das Duo funktioniert diesmal ähnlich. Beide Charaktere haben nur Zutritt zu bestimmten Arealen und besitzen bestimmte Vorteile. Der Junge kann natürlich durch enge und kleine Öffnungen kriechen, einfach durch Gitter gehen und so weiter. Trico kann dafür schwere Objekte ziehen, große Abgründe überwinden oder versperrte Wege öffnen. Die Grundstruktur des Spiels verlangt also die Möglichkeiten der beiden zu nutzen, um zum jeweils nächsten Areal vorzudringen. Relativ zu Beginn findet ihr einen Schild, mit dem ihr einen grünen Lichtstrahl auf Holzwände beispielsweise werfen könnt. Das veranlasst Trico dazu, Blitze aus seinem Schwanz zu feuern und so die Blockade zu zerstören. Trico muss allerdings erst mal eine Verbindung zu euch aufbauen, um euren Anweisungen Folge zu leisten. Dessen Vertrauen lässt sich am besten dadurch gewinnen, dass ihr Pfeile herauszieht, sobald er getroffen wurde oder das ihr ihn mit Nahrung in Form von Energiefässern versorgt. Die Fässer liegen dabei mal mehr mal weniger offensichtlich herum. Trico besitzt mehrere Gemütszustände, die sich an seinen Augen und seinem Verhalten widerspiegeln. Wenn Trico Angst hat, wechseln seine Augen zur Farbe Gelb, bei Wut zur Lila/Rot. Angst überkommt Trico meist, wenn Wächteraugen in Sichtweite sind. Diese Glasbilder müssen dann durch euch zerstört werden, bevor es weitergehen kann. Wut kommt dann ins Spiel, wenn ihr von den magischen Rüstungen verfolgt und angegriffen werdet. Der Junge hat keinerlei Möglichkeiten sich zu verteidigen, sodass ihr die Feinde zu Trico locken müsst. Dieser verfällt dann in Raserei und nimmt diese auseinander. Das Problem dabei ist, dass Trico dann auch vor euch keinen Halt macht. Nach einer Auseinandersetzung solltet ihr so schnell wie möglich auf Tricos Rücken klettern um ihn durch Streicheln (Kreistaste) zu beruhigen. So simpel das alles scheint, ist es aber meist leider nicht. Denn leider kann man dem Gameplay die lange Zeit ansehen. Bis zu einem gewissen Grad lasse ich Tricos Unwillen Kommandos auszuführen, als Absicht durchgehen. Schließlich haben wir es ja mit einem Tier zu tun. Das erklärt meiner Meinung aber nicht warum Trico sich in mehreren Fällen auch eine halbe Stunde, nachdem ich die Lösung bereits wusste, nicht dazu bewegen ließ meine Kommandos (R1+X=sitzen, R1+Dreieck=springen, R1+L-Stick=bewegen) auszuführen, geschweige denn sich überhaupt zu bewegen. Und die Steuerung des Jungen lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Ich kann akzeptieren, dass man den Jungen wie ein echtes Kind darstellen wollte. Inakzeptabel ist es aber dann vom Spieler exakte Sprünge zu erwarten, ohne dem Spieler die erforderliche Kontrolle über seinen Charakter zu gewährleisten. In den meisten Kletterpassagen ist es fast schon reines Glück nicht einfach abzustürzen nur, weil der Junge sich mal wieder selbst von einem Sims runterschiebt. Die technische Seite ist da definitiv etwas zu kurz gekommen.

Trico selbst hat wohl die meiste Aufmerksamkeit bekommen. Seine Animationen sind auf hohem Niveau.
Nicht wirklich Last-Gen, Nicht wirklich Next-Gen
Die Technik in The Last Guardian ist eine Gratwanderung zwischen zwei Generationen. Der visuelle Stil von Team ICO kann absolut überzeugen aber man hat nicht wirklich das Gefühl einen PS4 Titel zu spielen. Im krassen Gegensatz dazu steht Trico selbst, da sein Modell und seine Animationen wirklich hervorragend gelungen sind. Die Levelarchitektur ist zwar nicht minder beeindruckend, insbesondere wenn man über endlosen Abgründen herumturnt, aber es ist wahrlich kein optischer Sprung im Vergleich zu den PS3 Remasters. Die Tatsache, dass man sich bewusst dazu entschieden hat, Musik nur in Gefahrensituationen oder wichtigen Momenten laufen zu lassen passt perfekt zur Atmosphäre. Die meiste Zeit sind die Geräusche der Umgebung euer einziger Soundtrack unterbrochen euren Rufen in Fantasiesprache und Tricos Lauten.