Wenn am Anfang eines Films der Schriftzug „ein Film nach wahren Begebenheiten“ erscheint, werde ich immer hellhörig. So auch bei „Good Joe Bell“. Diese Art von Filmen packt mich irgendwie jedes Mal aufs Neue. Manchmal stimmt es wohl, dass das Leben die besten Geschichten schreibt. An dieser Stelle würde ich gerne eine kleine Trigger Warnung anbringen. Die Produktion rund um Mark Wahlberg behandelt für manche vielleicht traumatische Erlebnisse, wie Mobbing, Diskriminierung und Suizid. Da ich über all diese Punkte sprechen möchte, die für die im Film dargestellte Handlung essenziell sind, sollten Leser*innen zumindest vorab darauf hingewiesen werden. So das hätten wir dann geschafft, schauen wir uns also an, was „Good Joe Bell“ zu bieten hat.
Die Story von Joe Bell
Wie schon erwähnt geht es um eine Geschichte, die realen Menschen passiert ist. Dadurch ist die Handlung auch schnell zusammengefasst. Joe Bell lebt mit seiner Ehefrau und zwei Jungen in einer Kleinstadt in Oregon. Die ersten Szenen zeigen ihn als stereotypischen weißen Vater, dessen Männlichkeit einen großen Teil seiner Persönlichkeit ausmacht. Sein ältester Sohn Jadin wird in der Schule stark gemobbt, hauptsächlich durch die Jungen der Football Mannschaft. Denn anscheinend halten sie es für witzig, sich über Jadins Homosexualität lustig zu machen. Die Schule möchte nichts unternehmen, da ihrer Meinung nach das Gefüge der Schüler*innen nur widerspiegelt, wie es im sozialen-öffentlichen Raum der Stadt abläuft. Auch Joe verhält sich nicht wirklich verständnisvoll und rät seinem Sohn den Kopf einzuziehen und sich zu verstecken.
Dass das nicht funktioniert, liegt wohl auf der Hand. Nach einigen wiederholten Fällen der Diskriminierung und des Mobbings und dem Gefühl sich an keinen Menschen wenden zu können, begeht Jadin Selbstmord und erhängt sich. Nach einer Trauerperiode beschließt Joe zu Fuß von der West- zur Ostküste zu wandern, um mit so vielen verschiedenen Leuten wie möglich über das Thema Mobbing zu sprechen. Während der Wanderung beginnt erst die tatsächliche Reflexion Joes eigenen Verhaltens gegenüber seinem Sohn. Diese zwei Handlungsstränge geschehen parallel. Auf seiner Reise erinnert sich Joe immer wieder an Situationen vor und nach dem Suizid Jadins.
Unsere Kritik zu Joe Bell
Ein sehr schwieriges Thema hat sich dieser Film zur Brust genommen. Bei sowas bekommt man manchmal das Gefühl, egal, wie sich die Filmschaffenden anstellen, jede Kleinigkeit kann nicht berücksichtigt werden. Vor allem, wenn es um eine wahre Geschichte geht. Künstlerische Freiheit hin oder her, sie müssen ja zumindest eine gewisse Treue zum Originalstoff beibehalten. Und vielleicht ist das auch der Grund, warum der Film ein paar Probleme mit sich bringt, die der Message nicht immer guttun.
- Amazon Prime Video (Video-on-Demand)
- Mark Wahlberg, Reid Miller, Connie Britton (Schauspieler)
- Reinaldo Marcus Green(Regisseur) - Diana Ossana(Autor) - Jill Ahrens(Produzent)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 12 Jahren
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Die Wahrheit ist nicht immer schön anzusehen
Was auf jeden Fall positiv hervorgehoben werden muss, ist die schauspielerische Leistung im Film. Mark Wahlberg, Reid Miller, Connie Britton und Maxwell Jenkins schaffen es mit sehr wenigen Zeilen Text viele Emotionen auf die Leinwand zu bringen. Vor allem die zwei Kinder Miller und Jenkins möchte ich lobend erwähnen. Ihre Figuren wirkten so echt und nahbar, wie ich das schon lange nicht gesehen habe. Zwar hinkt Mark Wahlberg ein wenig hinterher, aber seine Rolle des anfangs aggressiven, verständnislosen Vaters, welcher durch seine Wanderung erst versteht, was sein Verhalten angerichtet haben könnte, fügt sich wunderbar ein und wirkt zumindest wie aus dem realen Leben genommen. Was ja auch der Fall ist.
Die Figuren sind bzw. waren reale Menschen, mit realen Gefühlen und das konnte zumindest interessant eingefangen werden. Die Menschen, denen Joe auf seiner Reise begegnet, wirken ebenfalls auf ihre ganze eigene Art und Weise natürlich. Manchmal kam es mir so vor, als würde ich eher eine Dokumentation schauen, beispielsweise in der Szene in der Schwulenbar. Aber das war wiederum auch eine schöne Erfahrung, da man so den Geschichten anderer Leute lauschen konnte. Die besten Szenen waren in jedem Fall die Konversationen zwischen Joe und Jadin auf ihrer Wanderung durch die USA. Joe sprach mit sich selbst wahrscheinlich aufgrund seiner Einsamkeit, Trauer und Schuldgefühle und sein zweites Selbst erschien in der Form von Jadin. In diesen Momenten fand die Entwicklung und Reflexion Joes statt. Und leider da fängt es gleichzeitig auch mit den Schwächen des Films an.
Das Rampenlicht ist nicht für jeden was
Der Film möchte eigentlich zweierlei schaffen. Auf der einen Seite soll die Geschichte von Joe Bell und dessen Umgang mit dem Tod seines Sohnes erzählt werden und auf der anderen Seite soll gezeigt werden, welche Folgen Diskriminierung und Mobbing auf Kinder, aber auch auf Erwachsene haben kann. Leider passiert es oft, dass der Film die Figur des Joe Bell mehr in den Vordergrund stellt als ebendiese Message. Dadurch fallen die Momente der Selbstreflexion ebenfalls kürzer aus. Weshalb, dem Leiden des Joe Bells eine größere Bedeutung und Rolle zugeschrieben wird, was für mich persönlich eigentlich nicht zu dem passt, was der Film mir näherbringen möchte, ist mir ein Rätsel. Es könnte abermals ein Film sein, welcher sein volles Potenzial nicht ganz ausschöpft. Was auf jeden Fall drin gewesen wäre, wenn man sich Szenen der beiden Söhne oder Szenen zwischen Vater und Sohn anschaut. Da schafft es der Film am besten zu zeigen, wie das Verhalten jedes einzelnen Auswirkungen auf andere Menschen haben kann. Reid Miller und Maxwell Jenkins sind so stark in diesen Momenten, dass ich mir öfter mehr davon gewünscht hätte. Aber vielleicht war es auch ein nicht zu lösendes Problem für die Filmschaffenden.
Das Ende vom Lied der wahren Geschichten
Der Film endet damit, dass Joe Bell auf seiner Wanderung von einem Truck angefahren wird und verstirbt. Das ist leider auch dem echten Joe Bell passiert. So waren die Referenzen und Quellen, die für die Filmrecherche zur Verfügung standen, begrenzt. Joes Familie hatte ihn nur wenig zu Gesicht bekommen oder von ihm gehört und die flüchtigen Bekanntschaften unterwegs, haben bestimmt nicht viel über Joes innere Gefühlslage berichten können. So scheitert der Film vielleicht an dem Versuch treu der wahren Geschichte zu bleiben und sie nicht weiter aufzubauschen. Wobei das Aufbauschen für mich ebenfalls keine Lösung gewesen wäre. Ein paar der besten Szenen waren die ruhigen ohne Dialoge, in denen Mark Wahlberg allein seine Zeit in der Natur verbracht hat. Nachdem der gute Wahlberg in den letzten Jahren vermehrt in Action-Filmen aufgetreten war, war es schön zu sehen, dass er auch anders kann.
Informationen zu Joe Bell
- Originaltitel: Joe Bell
- Laufzeit: ca. 90 Minuten
- Heimkinostart: US Start 23. Juli 2021
- Altersfreigabe (FSK): ab 16 Jahren freigegeben
- Besetzung: Mark Wahlberg, Reid Miller, Connie Britton, Maxwell Jenkins, Gary Sinise
Trailer zu Joe Bell

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