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Hanau

Kritik zu Uwe Bolls unangebrachtem Terrormüll

Uwe Boll hat einen Film über die schrecklichen Geschehnisse in Hanau gedreht. Ja, das lest ihr richtig. Ein Mann, der bei brisanten Themen so viel Feingefühl zeigt wie ein Betrunkener bei Doktor Bibber, macht einen Film über den schlimmsten Terroranschlag der jüngeren deutschen Geschichte. Wer sich jetzt denkt, das könne nur in die Hose gehen, dem sei gesagt: stimmt. Aber seht selbst.

 

Die Story von Hanau

Tobias R., ein paranoider Loser Anfang 40, lebt bei seiner Mutter in Hanau. Er hat keinen Job, keine Freunde, kein Privatleben. Stattdessen hat er paranoide Wahnvorstellungen und eine völlig verquere Weltansicht. Er führt Gespräche mit einem imaginären Ermittler eines imaginären Geheimdienstes, der angeblich seine Gedanken lesen kann. Schließlich treiben seine radikalen Verschwörungstheorien ihn zu einer Bluttat, an deren Ende elf Menschen tot sind.

 

Unsere Kritik zu Hanau

Wer Uwe Boll kennt weiß, dass dieser Mann schlichtweg unfähig ist, einen ansatzweise vernünftigen Film zu drehen. Normalerweise ist das auch ganz harmlos, aber hier nicht. Denn hier geht es nicht um irgendein fiktives Hirngespinst, das der wahnsinnige Meister in einem Fiebertraum gesponnen hat. Hier geht es um ein reales, für viele traumatisches Ereignis, das uns noch gut im Gedächtnis erhalten ist. Kurz gesagt, es ist ein emotionales und gesellschaftliches Minenfeld. Entsprechend groß war der Aufschrei nach der Ankündigung dieses Films. Anstatt das aber zum Anlass zu nehmen, darüber nachzudenken was er da eigentlich tut, hat Uwe Boll das nur als Aufhänger für den Trailer benutzt. Aber ist der Film wirklich so verletzend, wie es den Anschein hat? Ja und Nein. Aber der Reihe nach.

Zu schlecht, um zu verletzen

Denn der Film beginnt sehr harmlos. Und damit meine ich unfassbar schlecht und gähnend langweilig. Für die ganze erste Hälfte des Films sieht man nur, wie Tobias R. durch die Stadt fährt oder in seinem Zimmer sitzt und über den Geheimdienst, das germanische Volk und anderen verschwörungstheoretischen Blödsinn faselt. Dabei hat das Ganze etwas dokumentarisches, denn es gibt überhaupt keinen Kontext. Einzelne Einblendungen zum Zeitpunkt der Szene erklären nur, was gerade theoretisch passiert, denn tatsächlich passiert gar nichts. Ein Mann, der vor der Kamera vor sich hin labert und vermutlich nur einer hinter ihr. Denn inszeniert ist das alles auch noch dilettantischer, als es die meisten Grundschulkinder hinbekommen würden. Zu diesem Zeitpunkt könnte man meinen, der Film sei zu schlecht und nichtssagend, um wirklich verletzend zu sein. Aber so bleibt es nicht.

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint

Bevor ich jetzt vollends verbal auf Uwe Boll einprügle, sei zu seiner Verteidigung gesagt: seine Absichten sind zweifellos die richtigen. Aber dazu später mehr. Die Umsetzung ist nämlich so grandios daneben, dass es weh tut. In der zweiten Hälfte des Films schlägt das Pendel von harmloser Langeweile zu unangenehmer Gewalt um. Diese ist kolossal lieblos unnötig blutig inszeniert. Es ist keine Splatterorgie, aber das offensichtliche Kunstblut ist schon fast unfreiwillig komisch. Das wäre nur halb so schlimm, wenn die Opfer nicht wie irgendwelche Statisten behandelt werden würden. Werden sie aber.

Stattdessen liegt der Fokus auf Tobias R., wie er nach Hause fährt und dort erst seine Mutter und dann sich selbst tötet. Das ist, wenn auch bestimmt nicht so gemeint, eine totale Herabsetzung der Opfer und ihrer Angehörigen. Nochmal, diese Vorlage ist nicht fiktiv. Neun Menschen mit Migrationshintergrund sind scheinbar wahllos erschossen worden. Neun Menschen, deren Angehörige hier sehen, wie die Opfer einfach nur Objekte der Gewaltdarstellung sind. Uwe Boll mag nach dem eigentlichen Film noch zehn Minuten durch Hanau laufen und darüber reden, wie schlimm das sei, was passiert ist. Aber das ist nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Was der Film eigentlich sagen wollte und sollte

Dabei ist Bolls Absicht vor allem ganz am Ende eindeutig. Er will verhindern, dass die Geschehnisse in Vergessenheit geraten. Er will verhindern, dass rechter Terror verharmlost wird. Zwischen dem Ende des eigentlichen Films und seinem seltsamen Besuch in Hanau sind Bilder von rechten Aufmärschen, dem Angriff auf das Kapitol und bekannten Hetzern wie Anders Breivik oder Attila Hildmann zu sehen. Und vor dem Abspann läuft eine erschreckend lange Liste aller Opfer rechten Terrors in Deutschland seit 1990 ab, die mit dem Hashtag #saytheirnames endet. Die Absichten sind lobenswert, aber weil der Film daran scheitert das zu sagen, was er sagen möchte, soll das hier nachgeholt werden.

Denn Hanau ist kein Einzelfall. Nicht in der Welt, nicht mal in Deutschland. Halle ist noch ein weiteres Beispiel. Oder alle Taten des NSU. Oder die Ereignisse in Rostock Anfang der 1990er. Und das sind nur Beispiele aus Deutschland. Die Taten von Anders Breivik in Norwegen. Der Anschlag in Christchurch in Neuseeland. Der Sturm aufs Kapitol in den USA. Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Einstellungen, die dem zugrunde liegen, sind noch viel weiter verbreitet. Querdenker und ihre “Spaziergänge”, PEGIDA, Mahnwachen. Die AfD mit 10 Prozent im Bundestag, in mehreren Landtagen mit bis zu 27 Prozent. Die Republikaner in den USA. Verschwörungstheorien, Hass, Gewalt gegenüber bestimmten Gruppen sind salonfähig, Teil der Gesellschaft, mainstream geworden. Das darf so nicht sein. Das darf so nicht weitergehen. Hanau ist nur ein Beispiel dafür, was nie, wirklich niemals wieder passieren darf. Und damit das nicht nochmal passiert, liegt es an allen, diesen Hass, diese Gewalt, wieder aus der Gesellschaft zu verdrängen. Uwe Boll schafft es vielleicht nicht, das richtig klar zu machen. Aber wenn es irgendetwas aus diesem Film mitzunehmen gibt, dann das.

 

Informationen zu Hanau

  • Originaltitel: Hanau
  • Laufzeit: ca. 78 Minuten
  • Heimkinostart: 17. Februar 2022 als VoD, 4. März 2022 als DVD/Bluray
  • Altersfreigabe (FSK): ab 16 Jahren freigegeben
  • Besetzung: Steffen Mennekes, Hiltrud Hauschke, David Erstling

Trailer zu Hanau

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[gp_testimonial_slider effect=”fade” speed=”0″ arrows=”false”][gp_testimonial image=”130188″ headline=”Fazit zu Hanau” name=”Lennart Hoffmann, Redakteur”]Ich bin ehrlich, ich hatte Angst vor dem Film. Nicht, weil es so brutal werden könnte, sondern weil es ein so sensibles Thema ist. Und obwohl Uwe Boll hier gute Absichten hatte, war diese Angst absolut berechtigt. Eine furchtbar inszenierte, katastrophal schlechte Aufarbeitung, die ihr Ziel leider komplett verfehlt.[/gp_testimonial][/gp_testimonial_slider]
Wichtiges Thema, leider katastrophal umgesetzt
Gute Absichten erkennbar, im Ergebnis dennoch völlig unangebracht
Typsiches Uwe Boll "Niveau", wenn man überhaupt von Niveau sprechen kann
Scheitert kolossal an selbst gesetztem Ziel

Ab in die Filmsammlung?

Nein. Nichts an diesem Film ist gut, nichts daran ist sehenswert. Und die wenigen Szenen, die ansatzweise sehenswert sind, sind vollkommen unangebracht. Macht einen Bogen um diesen Film.

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