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Dead Synchronicity – Review zum Endzeit-Adventure

Eine von der Apokalypse gezeichnete Welt, sich in Blut auflösende Menschen, die Auflösung der Kontinuität der Zeit – ‘Dead Synchronicity’ holt uns mit seinen hochinteressanten Themen schnell ins Boot. Und seinem markanten, dreckigen gezeichneten Stil. Nur vier Spanier stecken hinter diesem ambitionierten Oldschool-Adventure in der Tradition von ‘Monkey Island’ oder ‘Day Of The Tentacle’. Kann dieses kleine Team die Last des Potenzials dieses schmackhaften Settings stemmen? Wir haben uns mittlerweile auch das fertige Spiel zu Gemüt führen können – und gingen leider mit gemischten Gefühlen aus der Sache.

 

Aufgewacht in der Dystopie

Ohne Erinnerung findet sich Protagonist Michael in einem heruntergekommenen Wohnwagen inmitten eines vom Militär übernommenen Flüchtlingslager wieder. Dass er auf einer fremden Matratze aufwacht, gehört allerdings nicht zu seinen wesentlichsten Problemen: Die Welt, die er beim Verlassen des Wohnwagens zu Gesicht bekommt, ist verwüstet und verkommen. Die ‘große Welle’ – so erfährt Michael schnell – hat die Welt in eine dystopische Realität verwandelt. Etwas beunruhigend sind auch die Flashbacks, die Michael gelegentlich bekommt: Hin und wieder sieht er die Umgebung in veränderter Form, so als sehe er sie aus einer anderen Zeit. Und dann ist da noch diese weibliche Stimme, die in Träumen nach ihm ruft. Michael kann nicht anders, als sich auf die Suche nach Antworten in dieser verwahrlosten Welt zu begeben.

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Die ‘große Welle’ hat die Menschen auf verschiedene Weise geformt.

 

Adventure-Kost der alten Schule

‘Dead Synchronicity’ ist ein ganz klassisches 2D-Point-And-Click-Adventure. Das heißt, wir geben per Mausklick an, wohin sich unsere Spielfigur bewegen soll, lassen sie die Spielwelt begutachten, hin und wieder auch mal einen Gegenstand aufsammeln und ins eigene Inventar überführen. Mit diesen können wir mit der Spielwelt interagieren und Rätsel lösen, die uns in der Handlung weiterbringen. So nutzen wir beispielsweise Handschuhe und eine Heckenschere, um ein Stromkabel zu durchschneiden, um so die Insassen einer Bar aus dem Gebäude zu locken. Oder wir graben uns mit einer Glasscherbe ein Loch in die Erde, damit wir unter einem Tor durchkriechen können. Leider beläuft sich ein Großteil der Rätsel auf reine Such-und-Find-Aufgaben: Wir haben schnell eine Ahnung davon, welcher Gegenstand uns an einer Stelle weiterbringen könnte, wissen allerdings nicht so genau, wo sich dieser befinden könnte. Im schlimmsten Fall hätten wir diesen am anderen Ende der Stadt zwei Akte vorher aufgabeln sollen. So ist vor allem eine sehr genaue Erkundung sämtlicher Parameter der Level zwingend notwendig, damit man an späterer Stelle nicht mit leeren Händen dasteht. Der Anspruch der Rätsel wird meist durch Aufmerksamkeit, nicht durch pfiffiges Durchdenken von Möglichkeiten konstituiert. Leider sind die Rätsel nicht mal konstant zu Ende gedacht. Nett: An einer Stelle verbinden wir mehrere Objekte mit Nägeln und Gaffa-Tape zu einem stimmigen Ganzen oder nutzen den Whiskey aus dem Schrank, um eine Wunde zu desinfizieren. Viel öfter heißt es aber: Ein Eimer? Den füllen wir natürlich mit Wasser aus dem Bach, um ein Feuer zu löschen und Objekte zu bergen, die aber eigentlich schon längst verkokelt sein müssten. Und den Kollegen mit den vielen wertvollen Sachen? Den erleichtern wir um diese, indem wir die brennende Mülltonne neben ihn mit einem Topfdeckel abdecken, um stickigen Rauch freizusetzen. Doch hätte er nicht schon direkt bemerken müssen, was wir da, so unmittelbar neben ihn, an der brennenden Mülltonne so fabrizieren?! Oft tun wir uns dann auch mit der Lösung solcher Rätsel schwer, da wir dessen Erfolg erst gar nicht in Betracht ziehen.

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Unser Inventar ist die wichtigste Anlaufstelle im Spiel, um Rätsel zu lösen.

 

Dialoge mit Tücken

Zum Erkunden der Spielwelt gehört auch der Dialog mit anderen Spielfiguren. Der ist nicht selten sehr fesselnd, gibt er uns doch immer wieder Aufschluss über die interessanten Gegebenheiten in der Endzeit-Welt von ‘Dead Synchronicity’. Etwas schade ist nur, dass die Auswahl von Antwortmöglichkeiten nur zum Schein freigestellt ist. Wir können zwar aus mehreren Antwortmöglichkeiten auswählen. Sehr oft schreitet die Handlung allerdings erst fort, wenn wir wirklich alle Antwortmöglichkeiten abgeklappert haben. Oder Antworten werden seitens Michael am Ende trotzdem ausgesprochen, obwohl wir uns mit der entsprechenden Dialogoption gerade nur verabschieden wollten. Das ist an sich nicht allzu schlimm, auch wenn wir gerade in Fragerunden gerne selbst Schwerpunkte legen würden. Wenn die Entwickler einen Protagonisten mit festgesetzten Charakter haben wollen – nur zu, warum nicht?! Leider verplappert sich Michael gerne mal, beleidigt und provoziert mal ihm ohnehin schlecht gesinnte Wachen oder den lokalen Gangsterboss, der ihm wiederum eigentlich positiv gesinnt ist. Das sorgt nicht nur für Fremdschämen und erschwert ein wenig die Identifikation, weil das schlichtweg dummes Verhalten im Kontext der jeweiligen Situation ist. Wir können uns nicht vorstellen, in so einer Situation vergleichbar zu handeln. Es hätte einfach nicht sein müssen. Warum überlässt uns das Spiel nicht selbst, ob wir mit unseren Antworten anecken wollen oder nicht? Zudem hätte etwas Entscheidungsfreiheit dem recht schlanken Gameplay, das sich lediglich auf Rätsel beschränkt, etwas mehr Fülle gegeben.

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Die Dialoge beschränken sich leider auf bloßes abklappern von Antwortmöglichkeiten.

 

Bewegende Handlung

Abseits des pöbelfreudigen Michaels finden wir die Handlung aber sehr gut geschrieben. Ständig ergeben sich neue Aspekte, die unser Interesse wecken: Warum nehmen wir die Zeit manchmal in mehreren Ebenen wahr, warum haben wir später sogar Einfluss auf sie? Was hat der Junge, den wir nicht sehen dürfen, für eine so wichtige Botschaft für uns? Was hat es mit der Krankheit auf sich, die Menschen ab einem bestimmten Punkt in Blut auflösen lässt? Und was hat die Regierung mit all dem zu tun? ‘Dead Synchronicity’ gibt dem so oft bewanderten Endzeit-Setting eine ganz frische Note. Mit großer Begeisterung lernen wir von den vielen Einzelschicksalen in der „neuen Welt“, wollen immer mehr erfahren. Es ist vor allem dieses Interesse, das uns zum Weiterspielen motiviert, wenn so manch Rätsel wieder etwas aufhält. Da ist es umso trauriger, wenn das Spiel nach 5-7 Stunden quasi mittendrin aufhört. Zwar werden am Ende die meisten offenen Fragen geklärt. Dennoch haben wir das Gefühl, erst in der Hälfte angekommen zu sein. Hier wurde ganz klar auf einen zweiten Teil ausgelagert, der dann wohl wieder mit 20 Euro zu Buche schlagen soll.

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Die Handlung wird hin und wieder durch schön gezeichnete Zwischensequenzen in Standbildern erzählt.

 

Schöner Stil, störender Soundtrack

Ein großes Lob muss man an den liebevoll gezeichneten Grafik-Stil von ‘Dead Synchronicity’ aussprechen. Der gibt dem Spiel nämlich ordentlich Charakter und sieht dabei mit seinen kantigen Figuren und dreckigen Schauplätzen auch noch sehr schick aus. Wir wundern uns zwar, warum viele Augen lediglich durch Schlitze dargestellt sind, aber gut – geschenkt. Ebenso: Der Mangel an Animationen. Oft werden Bewegungen nur angedeutet – beispielsweise, wenn wir zwei Gegenstände miteinander kombinieren. Doch hier lassen wir gerne unsere Imagination arbeiten – vor allem in dem Wissen, dass die Entwicklung des Spiels von lediglich vier Entwicklern durchgeboxt wurde. Etwas weniger wohlwollend müssen wir leider beim Soundtrack des Spiels sein. Hierfür wurde zwar eine eigene Band (‘Kovalski’) für die Komposition der einzelnen Themes verpflichtet. Das ändert aber leider nichts daran, dass uns die Themes schon nach kurzer Zeit durch ihren häufigen Einsatz ziemlich auf die Nerven gehen. Im Ansatz gefällt zwar der leicht mytische und noir’sche Anstirch der Musik. Doch die Menge an Themes ist so limitiert, dass wir viel zu oft die immer selben Musiken zu Ohren bekommen. Dafür ist die in der Vollversion mittlerweile gegebene Synchronisation der einzelnen Spielfiguren (vor allem im Englischen) sehr gelungen und hilft der Atmosphäre dabei, sich zu Genüge zu entfalten.

 

Fazit:

‘Dead Synchronicity’ ist ein sehr zweischneidiges Schwert: Zum einen interessiert die Handlung, die lauter spannende Fragen aufwirft und uns dadurch durchgehend zum Weiterspielen motiviert. Die Rätsel hingegen wirken nicht immer, aber auch nicht selten wie aufgesetztes Beiwerk, sodass wir uns für unser Interesse gelegentlich zum Weiterspielen regelrecht zwingen müssen. Und das nur, damit alles nach nicht viel mehr als 5 Stunden Spielzeit mit einem blöden Cliffhanger sein unbefriedigendes Ende nimmt. Auch bei den Dialogen oder der Gestaltung des Protagonisten wurde viel Potenzial verschenkt, und dann nervt auch noch der Soundtrack. ‘Dead Synchronicity’ verpasst die Chance, aus einem interessanten Setting auch ein interessantes Spiel zu machen. Vielleicht klappt es ja im zweiten Anlauf – aus dem Setting lässt sich schließlich sehr viel machen.

 

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