2020 war für das Kino nicht besonders das ergiebigste Jahr. Dennoch hat die Produktion von Blockbustern weltweit keineswegs stillgestanden. Die Ergebnisse dieser Produktionen werden nun nach und nach veröffentlicht – so auch The Last Journey, ein postapokalyptischer Sci-Fi-Thriller aus Frankreich, der dort bereits im Mai diesen Jahres in den Kinos lief. Ab dem 16. September ist er auch in Deutschland verfügbar. Wir haben uns The Last Journey für euch angesehen und erzählen euch hier, ob sich der Film lohnt!
Die Story von The Last Journey
In der Zukunft hat die Klimakatastrophe verheerende Ausmaße angenommen. Seit Jahren hat es auf der Erde nicht mehr geregnet und die Menschheit leidet unter einer akuten Wasserknappheit. Ein Planet, der eines Tages in der Nähe der Erde auftauchte, genannt der Rote Mond, wurde für seine Rohstoffe ausgebeutet, die seit jeher die Energiegewinnung revolutioniert haben. Nun droht der Rote Mond jedoch, mit der Erde zu kollidieren und sämtliches Leben aus ihr auszulöschen.
Paul W.R., Sohn des Gründers des führenden Raumfahrtgesellschaft, ist der Einzige, der in der Lage ist, die drohende Apokalypse abzuwenden. Sein Vater will den Roten Mond sprengen, doch ein kürzlich um diesen entstandenes Magnetfeld erlaubt es bloß bemannten Raumshuttles, nahe genug zu kommen. Kurz, bevor er seine Mission antreten sollte, verschwand Paul allerdings und folgt nun der Stimme seines Kindheits-Ichs, die er in seinem Kopf hört.
Auf seinem Weg, einen Wald zu finden, an den er sich zu erinnern glaubt, trifft er Elma, eine energetische Teenagerin, die sich ihm anschließt. Währenddessen tritt sein Bruder Elliot die Reise zum Roten Mond an, doch er verunglückt und kehrt genetisch verändert zurück. Zwischen der Flucht vor seiner Verpflichtung als Astronaut, einer potenziellen Identitätskrise ob der Stimmen, die er hört, und der plötzlichen Verantwortung einem Teenager gegenüber befindet sich Paul in einer echten Zwickmühle. Denn er ist sich sicher, dass den Mond zu sprengen keine gute Idee ist…
Unsere Kritik zu The Last Journey
Ganz ehrlich – im ersten Moment war ich The Last Journey gegenüber etwas skeptisch. Mit europäischen Filmen werde ich oft leider nicht wirklich warm und Apokalypsen-Filme bieten oftmals Potenzial für 0815-Tropes und langweilige Charaktere. Doch ich bin tatsächlich sehr positiv überrascht worden. Klar, ein bisschen was gibt es immer auszusetzen, aber bei The Last Journey ist das unerwarteterweise wirklich Meckern auf hohem Niveau.
Wunderbares Worldbuilding
Eine meiner größten Sorgen, bevor ich den Film sah, war, dass die Welt, die The Last Journey zeigt, eine dieser postapokalyptischen Blaupausen wird: „Oh nein, die Welt ist im Eimer. Warum? Öhm… joa, Klima eben. Weiter im Text.“ Die Welt, die das Publikum hier jedoch sieht, ist viel komplexer als das. Zugegeben, der Einblick, der in die Gesellschaft gegeben wird, ist relativ klein, sagt aber gleichzeitig unheimlich viel aus. Was mich viel mehr angesprochen hat, war das Konzept des Roten Mondes und dessen Wichtigkeit für die Entwicklung der Menschheit.
Man merkt insgesamt, dass eindeutig viele Gedanken auf das Worldbuilding verwendet worden sind: wir als Zuschauer*innen kriegen kleine Informationsfetzen, die auf viel größere Geschichten und Verwicklungen hindeuten, die aber nicht in aller Ausführlichkeit besprochen werden. Das tut dem Film wiederum sehr gut, da man sich beim Zusehen nicht bis zum Erbrechen irgendwelchen Erklärungen anhören muss. Die Balance, die hier gefunden wurde, ist sehr angenehm und lässt es zu, einen Einblick in eine offenbar gut durchdachte Welt zu erhaschen, ohne die eigentliche Geschichte aus den Augen zu verlieren.
Generell bietet The Last Journey in vielerlei Hinsicht Raum für Diskussion und Spekulation. es wird eben häufig suggeriert statt gezeigt, und das funktioniert für den Großteil der Zeit auch wunderbar. Allerdings bleibt unterm Strich doch in einigen Punkten vieles etwas zu vage. Besonders in den letzten paar Szenen fragt man sich, wann eine etwas genauere Erklärung kommt und wartet, dass die ein oder andere Connection zwischen ein paar Aspekten gemacht wird. Das passiert leider nicht und so bleibt das Ende sehr offen. Grundsätzlich ist das auch nichts Schlechtes, aber irgendwie geht man doch mit dem Gedanken aus dem Film, dass etwas fehlt.
Absoluter Augenschmaus
Die Visuals von The Last Journey sind absolut grandios. Es handelt sich um einen off-brand Film aus europäischer Produktion, aber das sieht man ihm zu keinem Zeitpunkt an. Jede einzelne Einstellung könnte genauso gut einem Hollywood-Blockbuster entsprungen sein und es macht einfach Spaß, sich diese offenbar aufwändig produzierten Szenen anzusehen. Die trockenen Wüstenlandschaften, durch die Paul und Elma fahren, die Innenräume, in denen gedreht wurde, die animierten hochtechnologischen Gadgets einer digitalisierten Welt und über allem schwebend allgegenwärtige Rote Mond – ich habe rein optisch am Film absolut nichts zu bemängeln. Hier ist beeindruckende Arbeit geleistet worden.
Durch den gesamten Film ziehen sich gelegentliche Rückblenden zu Pauls und Elliots Kindheit. Der Clou: Ausnahmslos jede dieser Szenen ist in Schwarz-Weiß. Was im ersten Augenblick vielleicht befremdlich klingt, verleiht der ganzen Sache eine gewisse, zugegeben sehr typisch französische, melancholische Note. Im Kontext des Films und besonders in Angesicht des familiären Konflikts, den Paul zu bewältigen hat, funktioniert dieses Stilmittel wunderbar.
Auf die Ohren
Auch der Soundtrack war eine echte Überraschung. Neben dem angenehmen instrumentalen Score waren es besonders die Songs, die eingesetzt wurden, die mich überzeugt haben. Häufig dachte ich mir im ersten Moment, dass sie von der Stimmung nicht wirklich passten oder generell irgendwie fehl am Platz wirkten, aber nach der ersten Verwirrung haben sie den Szenen ein gewisses Etwas verliehen, das The Last Journey insgesamt wirklich abgerundet hat.
Schauspiel und Charaktere
Für einen Katastrophenfilm überrascht die charakterliche Tiefe, die die Figuren stellenweise mit sich bringen. Das ist zu großem Teil den Schauspieler*innen zu verdanken, da die Geschichte an sich nicht unbedingt großen Einblick in deren Gefühlswelten ermöglicht. Doch gerade Paul und Elma werden so gut gespielt, dass man beim Zuschauen gar nicht anders kann, als mit den beiden mitzufühlen. Hugo Becker und Lya Oussadit-Lessert liefern eine so überzeugende und ausdrucksstarke Performance ab, dass man problemlos zwischen den Zeilen lesen kann und das sieht, was vielleicht nicht zwingend im Script gestanden hat. Und auch die Dynamik zwischen den beiden ist eine absolute Bereicherung für den Film.
Ebenfalls sehr überzeugend war Paul Hamy als Elliot, der es schafft, eine Gefasstheit und gewissermaßen fast unheimliche Ruhe in einen eigentlich sehr aufgewühlten Charakter zu bringen. Dabei schafft er es, sich auf einem schmalen Grat zwischen Beherrschung und Wahnsinn zu bewegen.
Eine kleine Enttäuschung war Pauls und Elliots Vater, Henri, gespielt von Jean Reno. Normalerweise sind wir bessere Performances von dem Schauspieler gewöhnt und es hätte dem Film nicht geschadet, Raum für die ein oder andere Szene mehr zu schaffen, um sein Potenzial voll auszuschöpfen. Auch die deutsche Synchronisation hat ihm als Charakter vermutlich etwas Tiefe genommen – denn auch, wenn die sonst wirklich gut war, wirkte sie bei Henri W.R. sehr steif und emotionslos.
Informationen zu The Last Journey
- Originaltitel: Le dernier voyage
- Laufzeit: ca. 83 Minuten (DVD) bzw. 87 minuten (BD)
- Heimkinostart: 16. September digital, 30. September auf DVD und Blu-Ray
- Altersfreigabe (FSK): ab 16 Jahren freigegeben
- Besetzung: hugo Becker, Jean Reno, Paul Hamy, Lya, Oussadit-Lessert
Trailer zu The Last Journey

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Ab in die Filmsammlung?
Absolut! Für alle, die Lust auf einen wirklich guten Apokalypsen-Film mit Herz haben, ist The Last JOurney genau das Richtige!