Close

Login

Close

Register

Close

Lost Password

Trending

Queen of Spades – Kritik zum Horror-Flop

Wie heißt es doch so schön? Es gibt keine neuen Geschichten, sondern nur neue Wege, dieselben Geschichten zu erzählen? So oder so ähnlich auf jeden Fall. Und es stimmt ja auch irgendwo: König der Löwen ist quasi Macbeth und jeder zweite Liebesfilm bedient sich an Romeo & Julia, um nur zwei Beispiele zu nennen. An und für sich ist das alles ja auch nichts Schlechtes, solange diese Neuerzählungen gut umgesetzt sind und vielleicht etwas Innovation mit sich bringen. Denn, sind wir mal ehrlich, echte Innovation ist schwierig. Wenn man sich dann aber so gar keine Mühe gibt, dann kommt so etwas raus wie der Film, um den es heute geht. Extra für euch habe ich mich durch Queen of Spades gequält und fasse euch hier zusammen, warum ihr die Finger davon lassen solltet.

 

Die Story von Queen of Spades

Im Grundsatz hat man die Geschichte schon zig-mal gehört, nur eben unter dem Namen Bloody Mary. Aber fangen wir von vorn an.

Vier Jugendliche, Anna, Katy, Matt und Seb, sind Zeuge davon, wie sich ein junger Mann von einem Hausdach stürzt. Im Sterben liegend redet er vor sich hin und spricht von einer Pik-Dame, die ihn dazu gebracht haben soll. Nach einer kurzen Recherche stellt sich heraus, dass es sich hierbei um eine urbane russische Legende handelt. Im 18. Jahrhundert ist eine Frau brutal gefoltert und getötet worden und ist seither als rachsüchtiger Geist unterwegs. Beschwören kann man sie ganz einfach vor einem Spiegel.

Davon überzeugt, dass die grausame Geschichte eben nur eine Geschichte ist, führen die vier das Ritual durch und werden nacheinander von der Pik-Dame heimgesucht, die sie zunächst mit einem Schnitt am Unterarm markiert und schließlich umbringt. Bald schon erfährt Annas Mutter jedoch, was vor sich geht und mit Hilfe eines ominösen russischen Autors, der selbst schon Erfahrungen mit dem Geist gemacht hat, versuchen sie, ihn aufzuhalten.

 

Unsere Kritik zu Queen of Spades

Puh. Wo fange ich da bloß an.

Der Film versucht direkt in den ersten fünf Minuten ein Schock-Moment mit dem Selbstmord des jungen Mannes zu erzeugen, woran er allerdings spektakulär scheitert, denn obwohl der Grundgedanke gar nicht so schlecht ist, fehlt einfach alles andere drumherum – als Zuschauer*in hat man weder eine Verbindung mit den Charakteren aufgebaut noch überhaupt eine Idee von dem generellen Kontext, in dem die Geschichte sich abspielt. Der Schocker am Anfang kommt also eher zu abrupt, zusammenhangslos und geschmacklos rüber und es ist klar zu erkennen, dass die Drehbuchautor*innen einfach nicht wussten, wie die Protagonist*innen sonst auf die Legende der Pik-Dame stoßen sollten. Und von hier an geht es eigentlich nur noch bergab.

Furchtbares Storytelling

Wie bereits angesprochen ist bahnbrechende Innovation kein Muss. Gerade im Horror-Genre steht das Storytelling ja selten im Vordergrund und über eine mäßig gut geschriebene Geschichte kann man schnell mal hinwegsehen, wenn der Rest stimmt. Bei Queen of Spades allerdings ist die Geschichte so frustrierend stumpf geschrieben, dass man sich durchweg fragt, was sich das Drehbuch-Team dabei eigentlich gedacht hat. Vermutlich nicht viel und das weiß es anscheinend auch. Entweder das oder die Autor*innen trauen sich selbst nichts zu, denn eines der Elemente, die sich durch den Film ziehen, sind Zwischentitel, auf denen die Wochentage stehen. Keine Sorge, das Publikum merkt schon selbst, dass da etwas Zeit zwischen den Szenen vergangen ist. Das Ganze wäre ja noch okay, wenn die verstreichende Zeit irgendeine Bedeutung für die Geschichte hätte wie zum Beispiel in The Ring. Aber nein – für die Missetaten der Pik-Dame ist Zeit völlig irrelevant und es gibt auch kein wichtiges Ereignis innerhalb der Geschichte, dessen Näherrücken irgendeine Relevanz hätte. So sind diese eingeblendeten Wochentage einfach nur irritierend und fehl am Platz.

…Okay, zugegeben, vielleicht habe ich mich daran jetzt etwas festgefahren, aber auch sonst ist die Geschichte von Queen of Spades sehr schwach. Gut, die Bloody-Mary-Sage ist schon so häufig in verschiedenen Medien-Typen aufgegriffen worden, dass es schwer sein mag, das nochmal komplett neu zu verpacken. Aber ein bisschen mehr Mühe hätte sich das Team hier geben können. Als Vorlage diente schließlich eine gleichnamige russische Erfolgsproduktion. Offensichtlich hat das allerdings nicht gereicht, um aus diesem Remake einen guten Film zu machen. Die Plotpunkte sind quasi von Beginn an vorhersehbar. Natürlich machen die Jugendlichen das Ritual, weil sie es für eine dumme Geistergeschichte halten. Natürlich werden sie daraufhin heimgesucht. Natürlich will es keine*r von ihnen am Anfang glauben. Und natürlich realisieren sie erst, in was sie da geraten sind, wenn es schon viel zu spät sind. Eine Story, die noch generischer ist, lässt sich nur schwer finden.

Lächerliche Legenden und alberne Autoren

Der klägliche Versuch, die Sage um die Pik-Dame etwas dreidimensionaler zu gestalten, ist dem Film absolut misslungen. Von der Frau, die grausam getötet wurde und nun auf Rache aus ist, haben wir doch alle schon unzählige Male in den verschiedensten Kontexten gehört. Doch Queen of Spades setzt hier noch einmal einen drauf mit einem Charakter, der seinen eigenen Paragraphen verdient.

Nachdem das Ritual zu einem ersten tragischen Vorfall geführt hat, macht einer der Teenager einen russischen Autoren ausfindig, der die Pik-Dame bereits seit langer Zeit studiert und alles über sie weiß, was es zu wissen gibt. Was ein glücklicher Zufall. An dieser ganzen Sache stören mich mehrere Dinge. Erstens: der russische Autor heißt… ja, richtig: Smirnov. Kreativer geht es nicht. Wie darf ich mir diesen Prozess im Autor*innenteam vorstellen? „Du, wir brauchen noch einen Namen für den Russen?“ – „Ach, hm, ich hab hier noch die Flasche Vodka, die wir beim Schreiben komplett geleert haben, wie wär’s damit?“ – „Genial!“

Mein zweites Problem mit dieser Entwicklung in der Geschichte ist ihre absolute Unglaubwürdigkeit. Der Teenager und der Autor kommunizieren über eine Art off-brand Skype und später im Film reisen Anna und ihre Mutter sogar zu ihm, um ihn um seine Hilfe zu bitten. Hat der Mann seine privaten Kontaktinformationen irgendwo ins Internet gestellt? Anders kann ich mir das gar nicht erklären. Dazu kommt, dass zwischen der ersten Erwähnung der Pik-Dame und der ersten Konversation mit Smirnov, die wir sehen (die aber ganz offensichtlich nicht die erste insgesamt ist) gerade einmal zwei Tage vergehen, in denen der Teenager Smirnovs Buch ausfindig gemacht, es komplett gelesen und im Anschluss den Autor gestalkt und eine ausführliche Konversation mit ihm gestartet haben soll? Ich glaube nicht.

Ein Letztes noch: Smirnov hat einen Vogel. Und das meine ich nicht metaphorisch. Okay, vielleicht doch ein bisschen, aber er besitzt auch einen Kanarienvogel namens Lola, der tatsächlicher nützlicher ist als er selbst.

Klischees? Ja, bitte

Beim Schreiben von Queen of Spades haben die Autor*innen ganz offensichtlich tief in die Klischee-Kiste gegriffen. Nein, das hört noch nicht bei der Geschichte oder dem zurückgezogen lebenden Autoren auf. Drei der vier Teenager entsprechen typischen Blaupausen jugendlicher Typen ohne jegliche Charaktertiefe. Matt ist der „Jock“ – nicht gerade die hellste Kerze auf dem Kuchen, hält sich selbst für die beste Erfindung seit geschnitten Brot und hat unheimlichen Spaß daran, anderen Leuten dumme Streiche zu spielen. Seb ist der typische Nerd, der sich gern kopfüber in Recherche stürzt, passenderweise die obskursten Dinge zu den unnötigsten Themen weiß und der innerhalb der Story bloß dazu da ist, dem Publikum die inhärenten Mechanismen des Geistes zu erklären – wie funktioniert er, was kann er und was können die verbliebenen Charaktere gegen ihn tun? Mit Katy ist die Runde schließlich komplett – die „Beauty“, die sich primär um ihr Aussehen sorgt, sich leicht gruselt, von Anfang an gegen die Geisterbeschwörung war und gleichzeitig aber die letzte ist, die glaubt, dass ein echtes Gespenst hinter den schrecklichen Vorfällen steckt.

Dazu kommen noch Anna, eine Dreizehnjährige, die aus unerfindlichen Gründen mit diesen vier Jahre älteren Menschen befreundet ist, und ihre Mutter, die sehr besorgt und sehr überarbeitet ist. Mehr Klischee geht nicht.

Stumpf, Stumpfer, Spades

Anders kann ich es gar nicht beschreiben. So vieles an diesem Film fühlt sich einfach stumpf an. Vom Schauspiel, das mit Ausnahme von vielleicht drei oder vier Szenen einfach nicht überzeugt, die Gestalt des Geistes, die generischer nicht sein könnte, die Art der Geschichtenerzählung selbst… Letzteres wird zwischenzeitlich mit Traumsequenzen versucht aufzulockern, die wohl verstörend gruselig sein sollen, de facto aber eher verstörend schlecht sind. Die Methoden des Geistes und die zur Kommunikation mit ihm? Stumpf, schon tausendmal gesehen, und zudem irgendwie an den Haaren herbeigezogen und ohne jegliche Erklärung. Die Gesamtatmosphäre des Films? Stumpf. Es ist quasi keinerlei Spannung vorhanden. Die Synchro? Stumpf und absolut emotionslos. Anna, nachdem sie einen ihrer Freunde an die Queen of Spades verloren hat? Stumpf. Und das nicht mal im guten Sinne. Eine gewisse Benommenheit hätte ja sogar gepasst, aber stattdessen wirkte es eher, als sei ihr das alles vollkommen egal.

Dazu kommt, dass Anna scheinbar nicht nur keine Empathie besitzt, sondern offenbar auch keine einzige Gehirnzelle. Anstatt Spiegel zu meiden, die einzige Möglichkeit für die Pik-Dame, einem in der Menschenwelt Schaden zuzufügen, scheint sie genau das Gegenteil zu tun und entfernt hin und wieder sogar die Tücher, mit denen ihre Mutter die Spiegel verdeckt hat. Clever ist anders.

Ohrenschützer auf

Eines der vielleicht wichtigsten Elemente eines guten Horror-Films ist der Sound. Und der lässt in Queen of Spades wirklich zu wünschen übrig. Während die Gruppe mit dem geist per Walkie Talkie ‚kommuniziert‘, ist bloß nervendes Feedback zu hören und zwischendurch ein seltsames Stöhnen, das mehr nach dem Brunftschrei eines tollwütigen Elches klingt als nach einer Seele aus dem Jenseits. Taucht die Pik-Dame dann mal in Persona auf, wird es auch nicht besser und das, was sie da von sich gibt, erinnert an einen getretenen Mops mit Asthma.

Die Sache mit der Logik

Insgesamt weist Queen of Spades auch einige Logiklöcher auf, die zwar innerhalb der Story nicht dramatisch sind, die Bilanz im Nachhinein aber auch nicht gerade aufwerten. Warum sucht die Pik-Dame auch Annas Mutter heim, obwohl die beim Ritual gar nicht anwesend war? Warum heißt es erst, eine Digitalkamera kann den Geist nicht einfangen, aber in einer Videoaufnahme ist sie dann sichtbar? Die Liste ist schier endlos.

Chance vertan

Das, was mich an Queen of Spades vielleicht am meisten aufregt, ist, dass die Bausteine für einen guten Film da sind. Die Unmengen an vollkommen verschwendetem Potenzial sind absolut frustrierend und ich bin der Meinung, dass, hätten sie die Möglichkeiten, die in Ansätzen da sind, ausgeschöpft, die Macher*innen einen halbwegs ansehbaren Film produziert hätten. Ein Beispiel hierfür ist die Möglichkeit von Found Footage beziehungsweise ein kreativerer und vielseitigerer Einsatz von verschiedenen Aufnahmearten. Die beiden Jungs filmen das Ritual und anstatt der „richtig gefilmten“ Szene sieht das Publikum hier das, was die Kamera der Kids aufzeichnet. Hätte man mit diesem Stilmittel mehr gearbeitet, hätte das viel mehr Dynamik und Spannung in den Film gebracht. Ebenfalls fast komplett ungenutzt ist das Konzept der dämonischen Besessenheit, das gegen Ende des Films kurz aufgegriffen wird und ein viel unterhaltsameres Konzept ist als „Oh nein, sieh nicht in den Spiegel!“

Feline Finesse

Das mag für Euch jetzt vielleicht irrelevant klingen, aber Katy hat eine Katze, die gegen Ende des Films auftauchte und das Ganze etwas aufgewertet sowie das letzte Bisschen meines Verstandes vor dem sicheren Ende bewahrt hat. Sie war super. Mit Abstand der beste Charakter, die beste Maske und das beste Schauspiel. Um die Katze habe ich mich mehr gesorgt als um ausnahmslos jeden der menschlichen Charaktere. Der wahre MVP hier.

 

Informationen zu Queen of Spades

  • Originaltitel: Queen of Spades
  • Laufzeit: ca. 91 Minuten
  • Heimkinostart: 7. Oktober Digital EST, 14. Oktober Digital TVOD
  • Altersfreigabe (FSK): ab 16 Jahren freigegeben
  • Besetzung: Ava Preston, Jamie Bolch

 

Trailer zu Queen of Spades

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

[gp_testimonial_slider effect=”fade” speed=”0″ arrows=”false”][gp_testimonial image=”133655″ headline=”Fazit zu Queen of Spades” name=”Julia Dohm, Redakteurin”]Dieser Film hat mich viele Emotionen fühlen lassen. Nur eben nicht die, die beabsichtigt waren und auch sicherlich keine guten. Und gerade trifft mich mit voller Wucht die Realisierung, dass ich diese eineinhalb Stunden meines Lebens niemals zurückbekommen werde. Darauf erstmal ein Smirnoff (keine Produktplatzierung).[/gp_testimonial][/gp_testimonial_slider]
Nur mit Smirnoff zu ertragen – dem Alkohol, nicht dem Autor
Shoutout an die Katze, die wenigstens die letzten 20 Minuten ein bisschen erträglich gemacht hat, richtiger Ehrenmann
„Wie viele Klischees hätten Sie gern?“ – „Ja.“
Es ist bemerkenswert, wie viel dieser Film falsch macht, dafür müsste es eigentlich einen Preis geben, aber selbst den will ich ihm nicht zugestehen

Ab in die Filmsammlung?

Nein. No. Nee. Non. Não. Nie. Nicht, wenn euch eure Zeit, euer Verstand und eure Nerven auch nur irgendetwas wert sind.

0
0

    Hinterlasse einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht (erforderliche Felder sind markiert). *

    Thanks for submitting your comment!