Der Schock sitzt tief in der Gaming-Branche: Electronic Arts, einer der größten Publisher der Welt und Entwickler von Blockbuster-Franchises wie EA Sports FC, Battlefield und Die Sims, wird verkauft. Ein Investorenkonsortium aus dem saudi-arabischen Staatsfonds PIF, der US-Beteiligungsgesellschaft Silver Lake und Affinity Partners – der Investmentfirma von Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner – übernimmt das Unternehmen für die Rekordsumme von 55 Milliarden US-Dollar.
Neue Besitzer mit kontroversen Hintergründen
Die offiziell am 29. September 2025 bestätigte Übernahme markiert den zweitgrößten Gaming-Deal der Geschichte – nur Microsofts Activision-Blizzard-Übernahme übertraf dieses Volumen. Mit dem Deal verschwindet EA nach 36 Jahren von der US-Börse und wird vollständig privatisiert. Die Aktionäre erhalten 210 US-Dollar pro Aktie, was einem Aufschlag von 25 Prozent auf den Schlusskurs vom 25. September entspricht. Dieser Preis übertrifft sogar EAs Allzeithoch von 179,01 US-Dollar vom August 2025 deutlich.
Das Käuferkonsortium bringt eine brisante Mischung zusammen: Der saudi-arabische Public Investment Fund (PIF) hielt bereits 9,9 Prozent an EA und erweitert nun seinen Gaming-Einfluss erheblich. Silver Lake ist eine etablierte Private-Equity-Firma aus Kalifornien, die bereits in Tech-Giganten wie Dell und Skype investiert hat. Affinity Partners, die 2021 gegründete Investmentfirma von Jared Kushner, erhielt selbst eine 2-Milliarden-Dollar-Investition vom saudischen Staatsfonds.
Die Finanzierung erfolgt über eine Kombination aus 36 Milliarden Dollar Eigenkapital und 20 Milliarden Dollar Fremdkapital, bereitgestellt von JPMorgan Chase. Damit wird dies zum größten vollständig bar finanzierten Private-Equity-Deal der Geschichte.
Dramatische Auswirkungen befürchtet
Branchenexperten warnen vor den Folgen des sogenannten „Leveraged Buyout“. Jason Schreier, renommierter Gaming-Journalist, prognostiziert „höchst aggressive Sparmaßnahmen“ in den kommenden Jahren. Der 20-Milliarden-Dollar-Schuldenberg, den EA durch die Übernahme aufgebürdet bekommt, werde sich „kaum ohne massive Einsparungen, Umstrukturierungen und Zusatzerlöse abschichten lassen“.
Konkret bedeutet dies: Entlassungen, aufdringlichere Monetarisierung und Kosteneinsparungen, die auch die Spieler zu spüren bekommen werden. EA hatte bereits im Vorfeld der Übernahme Arbeitsplätze abgebaut.
Besonders die Die Sims-Community zeigt sich besorgt über die Zukunft des Franchise. Fans befürchten, dass die neuen Besitzer aus dem genannten politischen Umfeld die Spiele weniger divers und LGBTQIA+-freundlich gestalten könnten.
CEO Andrew Wilson bleibt vorerst im Amt, und der Hauptsitz in Redwood City soll unverändert bleiben. Das Konsortium verspricht, „physische und digitale Erlebnisse zu verknüpfen, das Engagement der Fans zu erhöhen und neue Wachstumschancen zu schaffen“.
Das Ende von BioWare?
Die Übernahme sorgt auch innerhalb von EA für Verunsicherung. Bei einigen Studios, wie etwa BioWare in Edmonton, herrscht laut Berichten „Angst“ vor weiteren Stellenstreichungen . Das Studio, das derzeit an „Mass Effect 5“ arbeitet, hatte zu Jahresbeginn bereits Entlassungen verkraften müssen, nachdem „Dragon Age: The Veilguard“ die Erwartungen nicht erfüllt hatte .
Für die gesamte Gaming-Branche markiert der Deal eine Zäsur. Große, erfolgreiche Publisher könnten zunehmend außerhalb der öffentlichen Märkte agieren. Der Deal unterstreicht zudem die wachsende Bedeutung Saudi-Arabiens in der globalen Gaming-Industrie. Der PIF hatte erst im März 2025 die Gaming-Sparte von Niantic („Pokémon Go“) übernommen und gehört bereits zu den Anteilseignern von Nintendo und Take-Two Interactive.
Schwierige Ausgangslage für EA
Der Verkauf kommt zu einem kritischen Zeitpunkt für Electronic Arts. Im ersten Quartal 2025 brach der Umsatz um 13,7 Prozent ein, der Nettogewinn sogar um 30 Prozent. Die wichtigen Netto-Buchungen gingen um 6 Prozent zurück. Steigende Entwicklungskosten, wachsende Marketingausgaben und der Druck durch Free-to-Play-Konkurrenz setzten dem Unternehmen zu.
Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Prüfung und der Zustimmung der Aktionäre. Der Abschluss ist für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2027, also etwa Mitte 2026, geplant. Politische Einwände von der Trump-Regierung werden aufgrund Kushners Beteiligung als unwahrscheinlich eingeschätzt.
Der EA-Deal markiert eine „signifikante Erholung des globalen M&A-Marktes“ und bringt das weltweite Volumen von Fusionen und Übernahmen im dritten Quartal auf über eine Billion Dollar. Eric Tokat von Centerview Partners kommentiert: „Das, was früher undenkbar schien, scheint jetzt möglich“.
Mit der Übernahme verstärkt Saudi-Arabien seinen bereits immensen Einfluss in der Gaming- und E-Sport-Sphäre erheblich. Das Königreich veranstaltet bereits den jährlichen Esports World Cup und wird 2027 die Olympic Esports Games ausrichten. Die Gaming-Welt hält den Atem an: Wird EA unter neuer Führung zu alter Stärke zurückfinden – oder droht dem Publisher das Schicksal anderer Leveraged-Buyout-Opfer?
Quelle: FOCUS/ Gameswirtschaft
Bilder © Electronic Arts




