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Wer ist eigentlich die Embracer Group? – Die Geschichte des plötzlichen Aufstiegs zum XXL-Publisher

Ubisoft, Sega, Square Enix, Konami und Capcom. Sie alle haben eins gemeinsam: Sie sind mittlerweile kleiner als die Embracer Group, gemessen an der Marktkapitalisierung. Jüngst machte sich das Unternehmen wieder einen Namen, als man bekannt gab, die Markenrechte an Der Herr der Ringe zu kaufen. Doch woher kommt das Unternehmen eigentlich und woher kommt die finanzielle Power, plötzlich diese ganzen Traditions-Publisher zu überholen? In diesem Beitrag beleuchten wir die Geschichte eines Publishers, dem in wenigen Jahren der Aufstieg in die Top 10 der größten Gaming Unternehmen gelungen ist.

 

Jeder fängt mal klein an

Lars Wingefors ist der Dreh- und Angelpunkt der Entstehungsgeschichte von Embracer. Bereits in jungen Jahren bewies der Schwede ein Händchen fürs Unternehmertum und verdiente sein erstes Geld durch den Verkauf gebrauchter Comics. Dafür gründete er mit LW Comics sogar ein erstes, eigenes Unternehmen. Mittels eines erworbenen Kundenregisters machte er damit einen jährlichen Umsatz von 300.000 Schwedischen Kronen. Sein Business lief so gut, dass er mit 16 Jahren dann sein zweites Unternehmen gründete: Nordic Games.

Bei manchen von euch klingelt es jetzt schon wahrscheinlich. Nordic Games spezialisierte sich auf den Verkauf gebrauchter Videospiele. Aufgrund des wachsenden Videospielmarktes in den 90ern florierte sein Geschäft und gleich im ersten Jahr machte er einen Umsatz von 5 Millionen Kronen. Kurz darauf wandelte Wingefors sein zweites Unternehmen in eine Einzelhandelskette um und eröffnete in Schweden weitere Filialen. Danach folgte jedoch ein großer Einbruch. Gegen Ende der 90er litt man unter einer schlechten Unternehmensstruktur und Wingefors entschied sich für einen Verkauf von Anteilen an das Unternehmen Gameplay.plc im Wert von 5,96 Millionen Pfund. Doch bergauf ging es dadurch nicht gerade. Mit dem Versuch, mehr Umsatz durch Handyspiele und digitalen Vertrieb zu generieren, scheiterte Wingefors.

Marvel Comics

Bevor es die Embracer Group gab, verdiente sich der Gründer mit gebrauchte Comics sein Geld.

 

Die Dotcom Blase platzt

Als wenn das nicht schon genug wäre, folgt im März 2000 dann der große Crash. Die Dotcom Blase platzt, eine riesige Spekulationsblase, die auch Gameplay.plc in finanzielle Schwierigkeiten brachte. Wingefors kaufte ein Jahr später Nordic Games für einen Symbolwert von einer schwedischen Krone zurück und holte Risikokapital ins Boot. Nur noch neu veröffentlichte Spiele wollte man nun verkaufen, der Gebrauchthandel wurde ad acta gelegt. Der starke Wettbewerb und der ausbleibende Erfolg führte 2004 jedoch dazu, dass das Unternehmen Konkurs anmelden musste. Das verbliebene Geld investiere Wingefors, um mit anderen Investoren einen weiteren Überlebensakt zu starten.

Nordic Games wurde in Game Outlet Europe umgewandelt. Man versuchte nun Lagerbestände größerer Firmen, wie etwa von Electronic Arts, aufzukaufen und über verschiedene Einzelhandelsketten international zu verkaufen. Der Rettungsschlag gelingt. Der Erfolg bringt auch den Namen Nordic Games zurück. Ende 2008 gründet der Schwede ein neues Unternehmen mit dem Namen Nordic Games Publishing. Das neue Tochterunternehmen fungiert als Verlag von Games Outlet Europe. Damit wollte man in die Entwicklung von Spielen investieren, um Lücken auf dem Markt zu füllen. Hier bewies Wingefors den richtigen Riecher.

We Sing

Mit We Sing gelang der erste große Durchbruch.

 

Der erste große Erfolg

Für die Playstation 2 und in Teilen PS3 war Sing Star ein riesiger Erfolg. Die halbe Welt sang mehr oder weniger passend zu den größten Hits und baute eine große Casual-Community auf. Wingefors bemerkte jedoch, dass es kein Konkurrenzprodukt für die Nintendo Wii gab. Diese Lücke wollte man mit Nordic Games füllen. Unter Berücksichtigung eines ca. 100-seitigen Dokuments von Nintendo veröffentlichte man dann am Ende das Spiel We Sing. Spiel, Satz, Sieg. Das 2009 veröffentlichte Spiel sorgte für Rekord-Umsätze. 2009 fielen daher 75% des Umsatzes auf das besagte Sing-Spiel. Durch den Erfolg suchten Wingefors und sein Kollege Lundborg einen Weg, um Nordic Games von Game Outlet Europe unabhängig zu machen. Dies führte 2011 dazu, dass eine Holding-Gesellschaft gegründet wurde, der sowohl Game Outlet als auch Nordic Games Publishing angehörten.

Ab da begann die große Shopping Tour. Man holt sich die Vermögenswerte des insolventen Publishers JoWood Entertainment, die man in eine neu gegründete GmbH übertrug. JoWood war bekannt für Gothic, Die Völker, Spellforce und Die Gilde. Mehrere ehemalige JoWood-Mitarbeiter wurden übernommen und arbeiteten an unvollständigen JoWood-Titeln. Das mittlerweile gewachsene Geflecht an Unternehmen und Tochterunternehmen war weiter auf Erfolgskurs. Eine ebenfalls neu gegründete Tochterfirma erwarb 2013 dann mehrere Vermögenswerte des insolventen Publishers THQ. Neben Spielen für die Nickelodeon Serien war THQ bis dato für die Reihen Red Faction, Saints Row, Darksiders und die WWE Games bekannt.

THQ Logo old

Das alte THQ wurde gewissermaßen von der heutigen Embracer Group wiederbelebt.

 

Shopping Queen

Mit zahlreichen Marken im Gepäck erfolgt dann auch die Umbenennung in THQ Nordic, nachdem man auch die Namensrechte des ehemaligen Publishers erlangt hatte. Laut Wingefors wollte man vom guten Ruf und Bekanntheitsgrad profitieren. Nur THQ wollte man sich aber nicht nennen, um nicht mit der insolvent gegangenen Firma verwechselt zu werden. Die Einkaufstour setze man aber fort. Markenrechte wie etwa zu Black Mirror, Men of Valor, Jagged Alliance oder Giana Sisters. Die Strategie glich der Game Outlet Europe von damals, die Lagerbestände großer Publisher aufkaufte. Auch aktuelle Strategie war, dass man bekannte, aber günstige Marken ins Portfolio holte. Dabei blickte man auch insbesondere auf Marken von insolventen Publishern, die man dadurch besonders günstig erwerben konnte.

Es folgten weitere Zukäufe, wie etwa Black Forest Games oder Experiment 101 und Pieces Interactive. Zuvor gab das Unternehmen mehrere B-Shares, also Vorzugsaktien heraus, um Kapital zu sammeln. Offenbar sammelte man über die Zeit genug an, um Anfang 2018 die Koch Media Holding zu übernehmen. Diese vertrieb bereits zuvor auch Spiele von THQ Nordic, beherbergte aber auch beispielsweise Deep Silver, bekannt durch Risen, Saints Row, Dead Island, Metro oder Sacred. Koch Media sollte jedoch unabhängig operieren. Die gesteigerte Attraktivität nutzte THQ Nordic, um weitere B-Shares auszugeben und daraus weiteres Kapital in Höhe von 168 Millionen Dollar zu beschaffen. Dieses Geld nutzte man, um darauf die Coffe Stain Holding zu übernehmen. Diese kennt man heute vor allem durch den Goat Simulator und Valheim.

Lars Wingefors

Lars Wingefors. Der Gründer und Kopf hinter der Embracer Group.

 

Ein Geldkreislauf entsteht

Auch die Coffe Stain Holding sollte weiter unabhängig operieren. Wingefors hatte es innerhalb weniger Jahre nun geschafft, THQ Nordic zu einem großen Publisher aufzuziehen. Anfangs beschaffte man sich günstig bekannte Marken und talentierte Köpfe aus der Spielentwicklung, um ein solides Standbein zu schaffen. Durch die preiswerte Übernahme vieler kleinerer Studios stieg die Attraktivität, wodurch man mit Aktienverkäufen neues Kapital reinholen konnte.

Mit Koch Media und der Coffee Stain Holding holte man sich gesunde Unternehmen, die weiter für guten Cash Flow sorgten. Von Gamesindustry.biz wurde Wingefors deswegen zu einem der People of the Year 2018 ausgezeichnet. Im frischen Jahr 2019 gab THQ Nordic neue B-Shares heraus und sammelte damit 2,09 Milliarden US-Dollar. Dadurch war wieder Platz im Einkaufswagen. Die Investment Gesellschaft Goodbye Kansas Game Invest folgt für 42,4 Millionen Dollar, wodurch man sich weitere Studios und Markenrechte ins Haus holte.

Doch es war Zeit für eine wesentliche Veränderung. Die Holding von THQ Nordic sollte sich auch namentlich mehr und mehr von THQ Nordic Games unterscheiden. Auf der Jahreshauptversammlung im September 2019 einigte man sich dann darauf, sich in die Embracer Group umzubenennen. Und die Einkaufstour ging weiter. Über die Goodbye Kansas Game Invest holt man sich die Tarsier Studios. Dass eine Tochter-Gesellschaft von Embracer die Käufe tätig, anstatt die Holding, war mittlerweile Standard. Man baute sich ein riesiges Netz auf, stark verflochten, auf den ersten Blick undurchsichtig. Die Embracer Group blähte sich mehr und mehr auf.

Auch Koch Media (heute Plaion) wanderte in den Besitz der heutigen Embracer Group.

 

“Diversifizierung”

Man wollte nicht nur einige, wenige Zugpferde. Die Embracer Group sollte sich durch das breite Angebot von anderen Industrie-Größen hervorheben. Mit Saber Interactive kam eine fünfte Tochtergesellschaft hinzu, für 525 Millionen Dollar. Kurz darauf wurde einmal mehr Kapital gesammelt, nur um danach weiter einzukaufen. Das Geld blieb nie lange liegen. Ob DECA Games, Sola Media, Mad Head Games, Nimble Giant Entertainment, Snapshot Games oder die Zen Studios. Embracer rückte nicht von der bisherigen Strategie ab. Mit Sola Media besaß man nun sogar eine Firma im Bereich der Fernseh- und Filmlizenz.

Doch 2021 wurden die Summen erstmals richtig groß. Gearbox übernahm man etwa für 1,3 Milliarden Dollar. Besser bekannt durch Brothers in Arms oder Borderlands 1-3. Easybrain und Aspyr Media folgten ebenso. Was dann kam? Natürlich machte Embracer wieder ein paar Aktien locker, um weitere Akquisitionen tätigen zu können. Appeal Studios, Kaiko, 3D Realms oder Slipgate Ironworks sind nur einige weitere Namen.

All diese Firmen kaufte man immer wieder über verschieden Tochtergesellschaften, wahrscheinlich um immer wieder Luft (Geld) für neue Übernahmen zu haben. Unter anderem gehörte dazu Asmodee, bekannt durch Brettspiele. Embracer hatte sich damit, neben den Videospiele, mittlerweile auch in die Film- und Brettspielindustrie eingekauft. Wofür? Keine Sorge, das verrate ich euch noch. Zunächst müssen wir aber erwähnen, dass im Mai 2022 dann mehrere Vermögenswerte von Square Enix kaufte. U.a. Crystal Dynamics und Eidos Montreal wanderten mitsamt der Marken Tomb Raider, Thief und Deus Ex für gerade einmal 300 Millionen die Besitzer. Ein cleverer Schachzug, immerhin waren dies bekannte Marken, auf die Square Enix aber selbst gar nicht mehr so Lust hatte.

Auch Tomb Raider gehört mittlerweile zum XXL-Portfolio.

 

They’re taking the business to Isengard

Ganz frisch ist dann der nächste Hammer. Die Markenrechte von Filmen und Spielen zu Der Herr der Ringe und Der Hobbit wandern ebenfalls in den Besitz der Embracer Group. Und da spannen wir wieder den Bogen zu den vorigen Käufen im Film- und Brettspiel Bereich. Embracer will nämlich Synergien schaffen. Eine Verkettung von Deals, die scheinbar nicht spontan getätigt wurden. Gleichzeitig gründete man eine neue Tochtergesellschaft (Freemode), für die weitere, kleinere Studios eingekauft wurden. Dazu gehören Bitwave Games oder etwa Tuxedo Labs. Insgesamt ca. 120 Studios zählen somit mittlerweile zur Embracer Group und fast 13.000 Mitarbeiter gehören ihr an. Wer sich also die ganze Zeit gefragt hat, wie Embracer so groß werden konnte, der ist nun etwas schlauer.

Der Kauf von bekannten Marken insolventer Unternehmen, die Übernahme talentierter Köpfe und zahlreicher kleiner Studios, sowie die Freisetzung von Geldern durch Aktienverkäufe und einer sehr aggressiven Übernahmepolitik formten die Embracer Group zu dem, was sie heute sind. Mich würde es nicht wundern, wenn nun nach dem Deal um Der Herr der Ringe bald weitere Aktien verkauft werden. Der Wert dieser steigt nämlich stetig, sodass das Unternehmen immer größere Summen durch die B-Shares frei machen konnte. Aus dem einstigen Comic-Verkauf wurde also einer der größten Publisher für Videospiele.

Der jüngste Kauf macht klar: Es geht um das große Ganze.

 

Die Embracer Group: Gefahren und Chancen

Es begann damit, dass Wingefors mit We Sing eine Lücke schließen wollte. Diese Idee hat sich auch in die Moderne übertragen. Die Embracer Group besitzt nun zahlreiche Marken, die vor langer Zeit durch Miss-Management und Insolvenzen, teils auch durch unkluge Entwicklungsprozesse, zu Grabe getragen wurden. Das Potenzial ist also da, Spiele aus unserer Vergangenheit neu aufleben zu lassen. Alone in the Dark und Gothic sind nur einige Beispiele. Fernab von Gedanken rund um Mikrotransaktionen und NFT’s, scheint die Zielgruppe klar zu sein. All jene, denen gerne nostalgisch zurückdenken und eben jenen neuen Strukturen hadern, was moderne Monetarisierung angeht, scheinen angesprochen zu werden.

Das beweist auch ein im Mai 2022 gegründetes Videospiel-Archiv in Schweden zu beweisen. Auch ich selbst fühle mich bei dem ganzen Vorhaben angesprochen. Ich möchte nicht den x-ten Ubisoft-Aussichtsturm hochklettern, EA’s/ 2K’s Mikrotransaktionen mitmachen oder aber mich mit dem 100. Loot/ Crafting/ Survival Mix zu beschäftigen. Und Free-to-play im Übrigen auch nicht. Es ist nicht so, als würde Embracer das untersagen, doch im Kern geht man einen sehr altmodischen Weg, wie wir ihn von früher kennen.

Aber war der Aufstieg zu schnell, zu eilig, zu überhastet? Der Wert des Unternehmens scheint eher wie eine Wette. Wetten wir darauf, dass man es schafft, all die ganzen Studios sinnvoll zu koordinieren, die Marken sinnvoll einzusetzen, eine Vision zu verfolgen und erfolgreich zu sein? Die Frage, ob sich ein so schnell wachsendes Unternehmen überhaupt so schnell organisieren und die Ressourcen sinnvoll einsetzen kann, scheint berechtigt. Zudem muss sich Embracer die Frage stellen, ob es nicht sinnvoll wäre, zunächst intern zu investieren, die Studios besser auszustatten, wachsen zu lassen und somit den Mörtel an der frisch hochgezogenen Wand erstmal trocknen zu lassen? Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, nicht wegen der Übernahmen, sondern wegen der Ergebnisse. Wird man eines Tages die Größe von EA oder Take Two erreichen oder bricht das Kartenhaus vorher zusammen? Schneller Aufstieg und schneller Fall liegen nah beieinander. Drücken wir also die Daumen, dass das Sammelbecken der gescheiterten oder sitzen gelassenen Marken nicht ein zweites Mal im Nichts versinkt.

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Christian Koitka
The guy who loves videogames

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