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5 Aspekte in Videospielen, die wir so nicht mehr sehen wollen

5 Spieldesign-Aspekte, auf die in Zukunft besser acht gegeben werden sollte, beispielhaft erörtert anhand Dragon Age: Inquisition und Far Cry 4.

2014 erschien endlich eine ganze Menge für unsere hochgradig unterfütterten neuen Konsolen. Augenscheinlich aber eigentlich gar nicht mal so viel neues. Oder wie oft mussten wir bei einer vermeintlichen Neuankündigung das Wort “Remaster” im Titel lesen? Egal. Also, was haben wir da: The Evil Within, Destiny, Wolfenstein, Watchdogs, Mordors Schatten ein neues Assassin’s Creed, aber vor allem: ein neues Dragon Age und Far Cry. Ja ja, die Auswahl ist natürlich extremst zentriert und subjektiv auf meine persönlichen Highlights des Jahres gemünzt. Aber wenn wir das Ganze mal pseudo-objektiv betrachten, dann sind es doch gerade diese beiden Titel, die, mehr als alles andere, vehement und lautstark „Nextgen“ von sich gegeben haben. Riesengroß, richtig hübsch und bombastisch inszeniert kommen diese beiden Triple-A-Schwergewichte daher. Ein Grundstein für die neue Konsolengeneration ohnegleichen. Aber ist das wirklich ein Fundament, auf dem zukünftige Titel bauen sollten? Hinter der prächtigen Kulisse lauert nämlich vor allem eines: Oberflächlichkeit. Na ja, nicht ganz. Aber sowohl Dragon Age: Inquisition als auch Far Cry 4 tragen Züge, die man nicht einfach so bejahen sollte. Schicken wir also beide Spiele auf Bewährung und schauen, was zukünftige Spiele – nicht nur Fortsetzungen, sondern Spiele an sich – alles so beherzigen sollten.  Es geht hier schließlich um den Grundstein einer neuen Generation

 

Behold! Spoilers ahead! Ich versuche mich zwar zurückzuhalten, kann aber nicht versprechen nicht jenen auf den Schlips zu treten, die beide Spiele noch nicht durchgespielt haben. Aber dieser Artikel richtet sich eh in erster Linie an jene, die mit beiden Schinken schon durch sind und das Ganze noch mal nachträglich Revue passieren lassen wollen. Also passt auf – sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt!

 

1. Nebenquests mit Substanz

Große, freie Welten sind mittlerweile nicht mehr nur salonfähig, sondern fast schon irgendwie obligatorisch. Und wer eine große Welt hat, der muss sie auch mit irgendetwas füllen, damit es sich auch irgendwie lohnt, abseits der Handlung in ihr zu verweilen (wir erinnern uns an dich, Mafia II!). Dragon Age: Inquisition hat die engen Areale der Vorgängerteile hinter sich gelassen und will jetzt bei den ganz großen, wie Skyrim, mitspielen. Na, wenn das mal gut geht! Nun ja, gut ging es schon, so wirklich gelangweilt haben wir uns in Ferelden und Orlais nämlich zu keiner Zeit: Hier ein Dämonenportal zu schließen, da eine Bande abtrünniger Templer zu bekämpfen, dort ein paar Dokumente zu suchen und Zeug zu Sammeln an jeder Ecke. Das Questlog droht regelrecht zu platzen vor lauter Aufträgen von wild um uns wuselnden NPCs, die irgendetwas von uns wollen – und sei es nur nach einem entflohenen Tier die Augen auf zu halten. Aber was ist eigentlich aus der Sorte Quests geworden, in denen wir in wirkliche Probleme von ganz individuellen, markanten Personen involviert wurden? Mit kleinen, aber interessanten Themen? An dessen Ende wir mit Entscheidungen konfrontiert wurden, die wirklich zum Innehalten zwangen; dessen Konsequenzen auch schonmal weh taten? Die Nebenquests in Dragon Age: Inquisition fühlen sich wie reines Füllmaterial an, ohne Hirn und emotionale Tiefe. Schön zu sehen, dass das die Entwickler von The Witcher 3: Wild Hunt ebenfalls so sehen, und deswegen ihre Quests enger mit der Handlung verstricken wollen. 2015 könnte also tatsächlich aus den Fehlern des Vorjahres seine Lehre ziehen und Gutes noch besser machen. Far Cry 3 hatte es auch nicht mit großen Geschichten abseits der Handlung, und das ist auch nicht unbedingt das was wir von einem Far Cry erwarten. Etwas mit allerlei leerer, kleiner Beschäftigungen überfrachtet wirkt Far Cry 4 aber dennoch. Nicht falsch verstehen: Viele dieser Nebenbeschäftigungen waren wirklich kurzweilig. Da sich die Aufgabentypen aber sehr schnell wiederholen, verliert sich sehr bald der Reiz an ihnen.

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Die meisten Quests in Dragon Age: Inquisition beschränken sich auf eher einfache Aufgaben ohne große Geschichte.

 

2. Entscheidungen mit Gewicht

Aber halt, zurück zu diesem Stichwort: Entscheidungen. Allerorts werden sie angepriesen, unser individuelles Handeln hätte doch so einen großen Einfluss auf alles um uns herum. Dragon Age: Inquisition lässt uns natürlich viel entscheiden. Das fängt schon bei der Auswahl der jeweiligen Dialogoption an. Aber schon hier fühlt sich das alles irgendwie, ja, wie in Stein gemeißelt an. Ist das, was wir sagen, wirklich so Folgenreich, oder reagieren NPCs nur unmittelbar, in diesen Moment adaptiv? Mal ganz davon abgesehen, dass wir seit Teil 2, wie bei Mass Effect, nur noch die Richtung einer Antwort, nicht aber ihren genauen Wortlaut bestimmen können (worüber man zugegebenermaßen streiten kann – der Inszenierung hat diese Änderung auf jeden Fall nicht geschadet). Und müssen wir wirklich so viel Flirtarbeit investieren, damit sich unser virtuelles Subjekt der Begierde uns zu Füßen legt? Oder reicht es nicht schon, wenn wir einfach immer zuhören, die Probleme des Begleiters lösen und ab und an die rosige Dialogoption mit dem roten Herzchen auswählen? Bei der guten Cassandra mussten wir nur einmal kurz in die Offensive gehen, damit beidseitige Gefühle für selbstverständlich im Raum standen. Klar, das Spiel zeigt uns ständig an, wie unsere Begleiter das finden, was wir so fabrizieren. Aber hey, wir sind der Inquisitor – unser Umfeld feiert uns so ziemlich in jedem Fall für das, was wir tun und wer wir sind. Lediglich Vivienne gibt wirklich mal Kontra, ist allerdings als Charakter selbst völlig uninteressant. Auch Questentscheidungen beschränken sich in ihrem Gewicht auf ein Minimum. Dass wir später im Spiel mal wieder über Tod und Leben zweier Verbündeter entscheiden müssen, wirkt da eher aufgesetzt und nachgeschoben. Kurz: Alles was wir machen, ist irgendwie ein bisschen egal. Für’s nächste Mal also bitte härtere Konsequenzen für unser Handeln! Auch in Far Cry 4 dürfen wir entscheiden: Schlagen wir uns eher auf die Seite von Amita, die das Wohlhaben und Wohlergehen des Schauplatzes Kyrat mit dem Handel von Drogen sicherstellen will? Oder ist es Sabal, der ein solches Fundament ablehnt und für bröcklig hält, dessen konservativen Ansichten allerdings den Fortschritt hemmen? An sich eine spannende Frage, auf die es auf die schnelle keine moralisch eindeutig richtige Antwort zu geben scheint. Letztendlich schlagen sich diese Entscheidungen aber nur in leicht voneinander abweichenden Missionen nieder. Und auch, wenn sich das gegen Ende etwas zum besseren zu ändern scheint; die gewaltigen Konsequenzen, die uns von unserem Umfeld versprochen werden, lassen auch nach dem Abspann noch auf sich warten. Interessant wäre natürlich auch gewesen, sich auf die dunkle Seite von Coverboy und Diktator Pagan Min zu schlagen, und gegen den „Golden Path“ zu wettern. Aber hier muss man fairerweise einhaken und sagen, dass das komplette Umkrempeln eines derartig umfangreichen Spiels wie Far Cry 4 wirklich zu aufwändig gewesen wäre. Dennoch ein naheliegender und reizvoller Gedanke, buhlt doch unser charismatischer und extravaganter Antagonist schon früh um unsere Gunst.

Die Story wird in zahlreichen Zwischensequenzen erzählt

Dank unserer besonderen Gabe sind wir ohne großes eigenes Dazutun als Inquistor Everybody’s Darling.

 

3. Glaubwürdige Protagonisten

Einer der spannendsten Aspekte von Far Cry 3 war der Werdegang des Protagonisten Jason Brody. Als Teil einer Clique verwöhnter Twenty-Somethings, denen das Wort „YOLO“ regelrecht auf die Stirn geschrieben steht, werden er und seine Freunde auf einem Abenteuer-Inselurlaub von einer Riege schwerbewaffneter Einheimischer gefangen genommen. Die neben der Clique auch dabei sind, den Rest der Insel gewaltsam zu unterjochen. Jason gelingt dank seines Soldaten-Bruders die Flucht, bei der allerdings besagter Bruder draufgeht. Jason wird immerhin von einigen oppositionellen Einheimischen aufgenommen und unterstützt, im Grunde muss sich Jason aber selbst durchschlagen und eher deren Probleme aus der Welt schaffen. Und Jason ist, man muss es so sagen, am Anfang des Spiels einfach nur ein Lappen. Er kommt nicht klar, wenn sein Bruder während der Flucht einen Soldaten das Leben nimmt, ihm geht ordentlich die Pumpe wenn’s plötzlich wirklich bedrohlich wird und gibt allerhand panische Laute von sich. Sprich: So, wie wir reagieren würden, wenn wir in solch eine Situation gebracht werden würden. Und genau das macht Jason als Protagonisten so glaubhaft – und Far Cry 4 Protagonisten Ajay so schwachbrüstig. Zu keinem Zeitpunkt ist Ajay über sein Tun erschreckt, reißt sich von Anfang an direkt Splitter aus dem Arm und schlitzt Gegnern mit dem Messer die Kehle durch, als wäre es das normalste auf der Welt. Jason bedarf dafür zunächst noch etwas Überwindung und stumpft erst im Laufe des Spiels völlig ab. Was dann auch von seinen Freunden und vor allem seiner Freundin, die er im Laufe des Spiels befreit, mit Sorge bemerkt wird. Ajay gibt auch keinen Laut, wenn er aus wolkigsten Höhen den Fallschirm zieht oder mit dem Wingsuit nahe an scharfen Felsklippen entlang gleitet. Jason hingegen kann seine Euphorie gar nicht zurückhalten, ist er doch Adrenalinjunkie und überhaupt deswegen erst auf dieser Insel. Überhaupt macht Jasons Geschichte einfach Sinn. Er hat seine Beweggründe (die Befreiung seiner Freunde) und lässt sich so einfach von den Einheimischen einwickeln, weil er im Leben zuvor nicht so Recht seinen Platz finden konnte und hier für sein Tun mit Lob überhäuft wird. Seiner Ziellosigkeit geschuldet lässt sich auch der Hang zu eher gefährlichen Sportarten erklären. Über Ajay hingegen wissen wir so gut wie gar nichts. Ja, er will ganz bestimmt die Wurzeln seiner Vorfahren abtasten und nicht zuletzt das mit der Asche seiner Mutter erledigen. Dennoch: Warum wirft man sich dafür zwischen die Fronten eines Bürgerkriegs? So richtig lässt einen Ajay das auch nicht verstehen, er meldet sich nämlich nur zu Wort, wenn er wirklich muss und bleibt als Charakter ansonsten absolut blass. Damit wirkt die gesamte, ja eigentlich interessant anmutende Geschichte manchmal bloß wie ein aufgesetzter Aufhänger für das eigene Tun in dieser Welt. Was – da brauchen wir uns keine Illusionen machen – natürlich meistens in so einem Spiel der Fall ist. Far Cry 3 nutzte allerdings die Chance, uns durch die Story zum Weiterspielen zu motiveren und uns länger im Gedächtnis zu bleiben. Diese Chance wurde mit Far Cry 4 leider weitestgehend vertan.

Ajay ist im Vergleich zu Jason aus Far Cry 3 ein völlig blasser Protagonist. (Bildquelle: turntherightcorner.com)

Ajay ist im Vergleich zu Jason aus Far Cry 3 ein völlig blasser Protagonist. (Bildquelle: turntherightcorner.com)

 

4. Geld mit Wert

Die Überschrift könnte etwas in die Irre führen. Nein, es geht nicht darum, dass wir zu wenig Bares in der Tasche haben, sondern genau um das Gegenteil: wir haben zu viel – uns ist das virtuelle Geld gar nichts mehr Wert! Wirtschaft und Poltik würden in Zeiten des wackligen Euros ja dafür Luftsprünge machen, in aktuellen Gassenhauern wie Dragon Age: Inquisition oder Far Cry 4 ist es hingegen aber irgendwie blöd. Ja, stimmt schon, das ist ein alter Hut – das macht die Sache aber nicht besser. Schon in älteren Grand-Theft-Auto-Titeln beispielsweise wussten wir ab einen bestimmten Punkt gar nicht mehr, wohin mit dem ganzen verdienten – wir konnten regelrecht unentwegt Waffen oder Immobilien kaufen, ohne dass wir auch nur irgendwie in Geldsorgen gebracht werden würden. Das ist insofern schade, als dass wir kaum noch motiviert sind, bestimmte Aufgaben zu verrichten, weil uns schlichtweg die Belohnung nicht reizt. Warum wie in Far Cry 4 Funktürme freikämpfen, um gratis Waffen zu ergattern? Wir kommen nie auch nur im entferntesten finanziell in die Bredouille und können uns die dicken Wummen dann auch einfach so selbst kaufen. Außer Geld gibt’s für die meisten Aufträge, außer Erfahrungspunkte (von denen wir eh zu viele haben), auch nichts, was unserer Aufmerksamkeit bedarf. Warum also überhaupt abseits der Hauptstory Aufträge abarbeiten? Irgendwie bleibt die Genugtuung für erspielte Güter aus. Müssten wir auf Waffen sparen und wirklich über unsere Wahl abwägen, würde da schon direkt ein ganz anderes Gefühl (beispielsweise der Vorfreude) mitschwingen. Die Genugtuung, wirklich etwas erspielt zu haben, erlangen wir in Far Cry 4 eigentlich nur durch die Übernahme von Funktürmen und gegnerischen Basen (was wir im Vorgänger aber schon oft genug getan haben), da sich dies direkt auf unser Durchstreiten der Spielwelt deutlich erleichtert. Genauso wie das Erkämpfen diverser Taschen und Gürtel durch das Jagen von Tieren. Da ohne die der Alltag in Far Cry 4, wie auch im Vorgänger, sehr unentspannt ist, haben wir meistens allerdings diese Sorte von Aufgaben bereits früh hinter uns gebracht. Immerhin wurde das Feature der Baseneroberung und des Funkturm-Bekletterns noch einmal überarbeitet, und ich gebe auch zu: Es hat mir tatsächlich Spaß gemacht. Abarbeiten bleibt allerdings Abarbeiten – und in einem Spiel möchte ich einfach nicht das Gefühl bekommen, etwas abzuarbeiten. Dragon Age: Inquisition lässt uns ebenfalls nicht so Recht mit Bedacht über unsere Finanzen haushalten. Ist aber auch nicht so schlimm, denn die Händler haben sowieso in der Regel nichts von Interesse für uns anzubieten. Zum erledigen von Nebenquests spornen dagegen sogenannte “Power”-Punkte an, die wir benötigen, um mit der Haupthandlung voran zu schreiten. Damit ist das Abarbeiten aller Fleißaufgaben immerhin nicht nur dem reinen Vervollständigungsdrang zu nutzen. Auf dem aber immer noch viele aktuelle Open-World-Titel – Dragon Age: Inquisition und Far Cry 4 – letztendlich doch bauen. Ich bezweifle stark, dass das langfristig gut geht, wenn dieser Trend weiterhin omnipräsent bleibt.

In den roten Gebieten kann es immer zu einer Schießerei kommen.

Um Knarren müssen wir uns in Far Cry 4 keine Sorgen machen: Für einen Sohn einer Auswanderin ist unser Portmonee ganz schön voll.

 

5. Weniger Quantität, mehr Qualität

Aus den großen Open-World-Erfolgen der letzten Jahre wurde scheinbar die Lehre gezogen, dass ein Spiel erst dann so richtig Spiel ist, wenn es wirklich groß ist. Und auch wirklich alles drin ist, was auch nur drin sein kann – Checkpoint-Rennen dürfen wir sogar in Dragon Age: Inquisition vom Sattel aus bewältigen. Natürlich: Alles kann, nichts davon muss. (So rum doch, oder? Rocketbeans haben meine Wahrnehmung verändert) Allerdings merkt man, wie darunter andere Aspekte des Spiels leiden. Vor allem Dragon Age: Inquisition merkt man das an. Über das Thema Nebenquests habe ich mich ja bereits zu Genüge entladen. Ein anderes Thema ist die Frage, woran sonst noch so gespart wurde. Eine ältere Version des Spiels, wie sie Ende 2013 auf einer Messe gezeigt wurde, ließ uns noch Areale taktisch zerstören oder Soldaten mit Bedacht für unseren Feldzug einteilen. Eine falsche Entscheidung könnte hier über das Schicksal von beispielsweise Crestwood entscheiden, welches im finalen Spiel letztendlich ganz anders aussieht, als in der damaligen Preview-Fassung. Letztendlich war Crestwood dann im fertigen Spiel auch nur ein Areal von vielen, mit allerlei Dämonenportalen zu schließen und Töte-den-und-den-Quests abzugrasen. Wurde hier zu Gunsten all der tausend Dinge, die noch ins Spiel sollten, schlicht und einfach abgespeckt? Am meisten merkt man den Hang zur Quantität aber schon anhand einer ganz banalen Sache. Statt uns, wie eigentlich in allen Bioware-Titeln seit Knights Of The Old Republic, in feste Kameraeinstellungen während eines Dialogs zu versetzen, erleben wir die meisten Dialoge nun direkt aus der Third-Person-Perspektive, aus der wir das gesamte Spiel schon betrachten. Das wirkt irgendwie lieblos – Dialoge auf Sparflamme quasi. In vergangenen Bioware-Titeln wurde durch diese cineastisch anmutenden Einstellungen immer so ein gewisse Art der Wertschätzung hergestellt – man war irgendwie einfach mehr drin. Das so oft in Verruf gebrachte Dragon Age 2 hatte in der Tat seine Macken, konnte aber immerhin eines: Sich auf wenige Aspekte konzentrieren – und diese mit der nötigen Ausführlichkeit und Liebe behandeln. Der innerstädtische Konflikt der Templer und Magier mag zwar nicht so großes Kino gewesen sein, wie die Invasion von Dämonen, die Formierung einer das Land spaltenden Inquisition oder die Bedrohung eines Magisters, der sich für einen Gott hält. Aber ich bekam dieses eine kleine Thema wirklich von allen Seiten beleuchtet und hatte die wohl schwersten Entscheidungen meines bisherigen Dragon-Age-Werdegangs aufgeboten. Kirkwall mag als Schauplatz sehr schnell ausgelutscht sein, dafür kannte ich die Stadt aber auch wie meine Westentasche und sehe sie selbst in Dragon Age: Inquisition irgendwie noch als mein Zuhause an – und pflege sie vom Wartable am aller meisten mit Unterstützung der Inquisition. Dazu hatte ich Begleiterquests, die wirklich das Band stärkten – man denke nur an die Verkupplungsversuche mit Aveline oder Varrics zwiespältiges Verhältnis zu seinen von Lyrium besessenen Bruder. Ich sage nicht, dass Dragon Age: Inquisition so hätte werden sollen wie Dragon Age 2 – Dragon Age: Inquisition hat sich in unzählige Richtungen zum besseren Spiel entwickelt. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass der Blick in die nähere Vergangenheit mehr lohnt, als es aus Munde aller “Origins”-Diehard-Fans heißt.

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Die hübsche und riesige Spielwelt von Dragon Age: Inquisition kann leider nicht immer darüber hinwegtäuschen, dass es dem Spiel tiefergehenden Inhalten mangelt.

 

Verpasste Chancen

Noch mal: Dragon Age: Inquisition und Far Cry 4 sind beides großartige und zutiefst unterhaltsame Spiele, die viele positive Entwicklungen, sowohl für ihre jeweiligen Franchises, als auch für Spiele an sich ins Rollen bringen. Ich finde beispielsweise das herausfordernde Belagern von gegnerischen Stützpunkten und vor allem der Festungen in Far Cry 4 mitsamt all seiner verschiedenen Gegnertypen beispiellos spannend. Das Szenario ist dazu wunderbar unverbraucht und so schön, dass es einen manchmal regelrecht die Sprache verschlägt. Pagan Min ist, ähnlich wie Vaas in Teil 3, wieder ein absolut eindrucksvoller Protagonist – nicht zuletzt natürlich dank einer grandiosen Performance seitens Troy Baker. Er hätte zwar deutlich öfter sein Gesicht zeigen können, doch wenn er es mal schafft, uns mit seiner Anwesenheit zu beglücken, nimmt seine Präsenz den gesamten Raum ein. Die psychedelischen Traum-Passagen bauen wirklich Stimmung auf, generell hat das Spiel rein atmosphärisch einen ganz eigenen, wirklich geilen Vibe. Dass ich mein Vorgehen in Kämpfen selbst bestimmen kann, ist ein oft gegebenes Versprechen in Videospielen, wird aber in kaum einem Spiel wie Far Cry 4 derartig konsequent beherzigt. Bis auf einige spezifische Aufträge kann ich mich eigentlich immer zwischen Schleichen und Ballern entscheiden – und beides reizt gleichermaßen. Dank der weitläufigen Areale gibt es unzählige taktische Möglichkeiten, eine gegnerische Auseinandersetzung zu bestreiten, immer ist Köpfchen gefragt. Und dazu die auflockernde extra Action durch beispielsweise den Wingsuit oder den neuen Greifhaken – was ein Spaß! Dragon Age: Inquisition hat ein hervorragendes Talent- und Kampfsystem, das erfolgreich die Vorzüge eines Action-RPGs mit den klassischen taktischen Bioware-Gruppenkämpfen verheiratet. Wie in den Vorgängern gibt es auch genug stumpfe Haudrauf-Konflikte, und dann versucht das Spiel mit viel wortwörtlicher Effekthascherei über das teils eigentlich immer noch etwas steife und hakelige Spielgefühl hinwegzutäuschen. Aber es gibt genug wirklich spannende und anspruchsvolle Kämpfe, die das ganz schnell vergessen lassen. Und dann diese Drachen-Kämpfe – der Wahnsinn! Die Unterhaltungen mit und das Kennenlernen der zahlreichen Begleiter, die sich im Spiel um einen scharen, ist natürlich wieder ein heimliches (?) Highlight des neusten Dragon Age. Die Begleiter wuchsen mir zwar nicht derartig ans Herz wie die Besatzung vergangener Teile, insgesamt lernte ich aber wieder eine ganze Reihe von interesssanten Figuren kennen. Die verschiedenen Areale sehen wirkllich phänomenal aus und laden zum erkunden ein und die Hauptquests sind wirklich gut geschrieben. Ich denke da beispielsweise an den Ball der Highsociety von Orlais, bei der wir mit Hilfe unserer (hoffentlich gegebenen) Eloquenz unseren Kopf über Wasser halten müssen. Einfaches bejahen oder stetige Neutralität führen hier zu keinen Ziel, ganz so wie vor einigen Jahren noch im großartigen Deus Ex: Human Revolution. Und am Ende gab’s dann doch mal eine schwere Entscheidung, bei der man erstmal innehalten muss. Bitte in Zukunft mehr davon! Generell weiß die Haupthandlung zu überzeugen, ist sie doch gespickt mit allerlei spannender erwachsener Themen und völlig unvorhersehbar – ein Prädikat, das sich bei weitem nicht jede Videospielgeschichte auf die Fahne schreiben kann. Dennoch wird man beim Spielen beider Titel einfach nicht das Gefühl los, dass eben doch so einiges fehlt. Die Verkaufszahlen mögen zwar beiden Spielen recht geben, ich würde mir dennoch wünschen, wenn die ein- oder andere Spieldesign-Entscheidung in Zukunft noch einmal überdacht werden würde.

Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen.

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